Donnerstag, 14. Mai 2009

"Gesellschaftsverbesserung"

"Gesellschaftsverbesserung"
"Wenn der Mensch in seinem Bestreben, die gesellschaftliche Ordnung besser zu gestalten, nicht mehr Schaden als Nutzen anrichten soll, wird er lernen müssen, daß er auf diesem, wie auf allen anderen Gebieten mit einer tief verflochtenen Organisationsstruktur, keine endgültigen Kenntnisse dessen erlangen kann, was ihm das Beherrschen der Vorgänge erst ermöglichen würde. Er wird sich deshalb des Wissens bedienen müssen, dessen er fähig ist. Er darf nicht die Ergebnisse formen wollen wie ein Handwerker sein Werk. Vielmehr wird er das Wachstum fördern müssen, indem er für eine angemessene Umgebung sorgt - ganz so, wie der Gärtner dies für seine Pflanzen macht. Es liegt eine Gefahr in dem überschwenglichen Gefühl einer unaufhörlich wachsenden Macht, die der Fortschritt in den Naturwissenschaften mit sich brachte und die den Menschen verlockt, ... nicht nur unsere natürliche, sondern auch unsere menschliche Umgebung der Herrschaft des menschlichen Willens zu unterwerfen. Die Erkenntnis von den unüberwindlichen Grenzen seines Wissens sollten den Erforscher der Gesellschaft eigentlich Demut lehren. Diese Demut sollte ihn davor bewahren, Mitschuldiger in dem verhängnisvollen menschlichen Streben nach der Herrschaft über die Gesellschaft zu werden - einem Streben, das ihn nicht nur zum Tyrannen über seine Mitmenschen macht, sondern ihn ebenso zum Zerstörer einer Zivilisation machen kann, die kein Geist erdacht hat, sondern die sich aus den freien Entscheidungen von Millionen von Menschen geformt hat."

("Die Vortäuschung von Wissen", in: Horst Claus Recktenwaldt (Hrsg.): Die Nobelpreisträger der ökonomischen Wissenschaft, 1969-1988, Düsseldorf 1989, Bd. 1, S. 397 f.)

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