Simone Boehringer hat in der SZ vom 24.09. einen erfrischend anderen Artikel zur Finanzkrise geschrieben, in dem sie die Forderung "Schafft die Zentralbanken ab!" formulierte.
Ich möchte einen Leserbrief aus der Süddeutschen Zeitung vom 11.-12.10.08 hier wiedergeben, der auf ein sehr wichtiges Detail eingeht, das auch Libertäre wie Prof. Murray Rothbard angesprochen haben.
Ähnlichkeiten zu aktuellen Geschehnissen und lebenden Personen sind selbstverständlich rein zufällig...
Prof. Dr. Christian Kreiß schreibt auf Seite 42 unter der Überschrift "Krise bewusst herbeigeführt":
"Wie auch wieder in Simone Boeheringers Kommentar wurde in der SZ in letzter Zeit wiederholt erwähnt, John Pierpont Morgan sei 1907 der Retter des amerikanischen Finanzsystems gewesen, zuletzt. Das ist wirtschaftshistorisch so aber nicht richtig beziehungsweise äußerst einseitig. Morgan führte über sein Bankenkonglomerat diese Krise bewußt herbei, um billige Aktiva aufzukaufen und so sein Vermögen zu mehren. Im Anschluß bewirkte er in der Tat die Rettung es Finanzsystems, allerdings unter ungeheurer Bereicherung für sich und seinen Konzern.
Dies beschreiben detailliert zwei von einander unabhängige Zeitgenossen Morgans und Augenzeugen der verheerenden Wirtschaftskrise von 1907/1908:
Conrad Max von Unruh (1890 bis 1894 Landrat von Bromberg, zuletzt Geheimer Regierungsrat) schildert in hohem Alter die Krise von 1907/08 in seinem 1918 in Leipzig erschienenen Buch "Zur Physiologie der Sozial Wirtschaft" als "Gaunerstreich gewisser U.S. amerikanischer Spekulanten". Er führt dort genau aus, wie die aus 141 Banken und 36 großen Eisenbahn- und Industriekonzernen bestehende Morgan-Gruppe kurz vor Ausbruch der Krise im Sommer 1907 über den Verkauf großer Mengen von Wertpapieren dem Martk zuerst "Riesensummen Geldes" entzog, im August 1907 bewusst Kreditierungen an andere Banken verweigerte, um so eine Kreditkrise herbeizuführen:
"Erst als die Sätze für Leihgeld die schon erwähnte Verzweiflungshöhe erreicht hatten, gaben die Morgan-Banken wieder Geld her und kauften Anlagewerte zu den tief herabgedrückten Kursen ein. Der Beutezug war dreifach gelungen!"
(Seite 228)
Unabhängig davon schildert Fritz Schwarz in seinem 1924 in Bern erschienenen kleinen Buch "Morgan, der ungekrönte König der Welt" den Krisenverlauf ähnlich. Die Morgan-Bankengruppe begann demnach die Kreditverknappung mit einem Goldabzug aus London, stellte dann am 22. August 1907 bewusst alle Kreditierungen an andere amerikanischen Banken ein und zog in großem Umfang Geldbestände aus dem Umlauf. Durch die starke Geldverknappung brachen die Kreditmärkte in den USA zusammen:
"Jetzt konnten die Finanzleute darangehen, die bis auf den untersten Punkt gesunkenen Aktien und Anteilsscheine der Unternehmungen zusammenzukaufen...Morgan kaufte nachweisbar an einem Tage 100 000 Aktien, die er zum dreifach höheren Kurs vor acht Monaten verkauft hatte! Als er sich so verschafft hatte, was ihm begehrenswert schien, trat er als ´Retter des Vaterlandes` hervor und verkündigte großartig den Wunsch, die ´Spannungen zu lösen`."
(Seite 42)
In der gängigen Wirtschaftsgeschichtsschreibung wird zu Unrecht und irreführenderweise nur der zweite Teil, die Rettung des Bankenwesens geschildert, nicht jedoch die bewusste Herbeiführung der Krise und die ungeheuerliche Bereicherung J.P. Morgans durch die Krise.
Prof. Dr. Christian Kreiß, Gröbenzell"
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Herzlichen Dank Prof. Dr. Kreiß!
Sonntag, 12. Oktober 2008
Krise bewußt herbeigeführt
Eingestellt von Fabio Bossi um 09:57
Labels: Christian Kreiß, J.P. Morgan, Panic of 1907
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13 Kommentare:
Wer war John Pierpont Morgan?
Die Antwort auf diese Frage bringt Licht ins Dunkel...
Wo wir schonmal von Professoren reden: Könnt ihr vielleicht ein paar Unis (vorzugsweise nicht deutsche) empfehlen, die sich besonders zum Lernen von Austrian Economics und libertären Gedanken eignen, oder gibt es solche Universitäten überhaupt nicht?
Die Uni of Nevada, wo Hoppe lehrte und die von Angers, wo der Hülsmann ist?
Unterrichtet Hoppe denn noch an UNLV? Als ich da neulich nachgeguckt habe, habe ich den Eindruck gehabt dass er nicht mehr richtig aktiv ist.
Angers hilft mir leider nicht, da ich dafür nicht gut genug Französisch kann.
Darf man mal fragen, wo ihr studiert habt? Wie war es denn da, waren die Professoren auch Staatsgläubig?
Ich bin multipler Studienabbrecher und autodidaktischer Dauerstudent.
Studium heißt "nach etwas streben", nicht "auf einen Stempel vom Staat hinbüffeln".
;-)
"Studium heißt "nach etwas streben", nicht "auf einen Stempel vom Staat hinbüffeln"."
Das stimmt, allerdings gibt es einige Jobs, die man nur kriegt, wenn man ein entsprechendes Studium abgeschlossen hat. Und da wäre es hilfreich, wenn man nicht 3-4 Jahre täglich einer Gehirnwäsche unterzogen wird, und seine gesamte Freizeit darein investieren muss, sich vernünftige Informationen zu beschaffen um der Gehirnwäsche standzuhalten :)
@Philberty:
Ja, stimmt, mit den Jobs. Ich kann Dir da leider nicht helfen. Aber in Medizin oder so, ist es sicher nicht so schlimm wie in VWL.
Ich habe an der LMU in München studiert und nicht abgebrochen. Ob's was geholfen hat? Zweifel sind angebracht.
Meine Profs waren/sind 100% - ich würde es nicht staats- sondern eher systemgläubig nennen.
Keynes, Keynes und noch mal Keynes.
Prinzipielle Kritik an Zentralbanken? Fehlanzeige!
An den meisten Unis wirst Du von Systemhuren zur Systemmarionette gemacht.
Mises habe ich erst nach dem Studium entdeckt.
Solange der Herr Morgan das mit seinem eigenen Geld und ohne Staatsunterstützung gemacht hat: So what?
Hallo, Dagny, auch mal wieder da? Schön!
Du setzt mit Deiner Frage am exakt richtigen Punkt an.
Herr Eustace Mullins hilft bei der Beantwortung dieser Frage:
http://www.google.com/search?hl=en&q=%22Eustace+Mullins%22+%22J.P.+Morgan%22&btnG=Search&lr=
Hmm, wie sieht's denn mit der Uni Wien aus, die müsste doch eigentlich an Austrian Economics orientiert sein? Wisst ihr da vielleicht was drüber?
Zur Uni Wien kann ich nichts sagen. Ich befürchte jedoch, dass die Austrian School selbst an ihrem Ursprung geleugnet wird.
Du kannst auch am Ayn Rand Institute "studieren". Dort wird sich auch viel mit Mises beschäftigt oder halt gleich das Mises Institut. Sind zwar beides keine Studiengänge, aber du kannst es ja zur Ergänzung nehmen.
Oder du nimmst Wirtschaftsinformatik, da hast du dann nicht nur Keynes.
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