Gastbeitrag mit freundlicher Genehmigung des Users "Mieses von Ludwig" aus dem Gelben Forum:
Watt iss'n Währungsreform?
Beim Thema "Währungsreform" wird meistens das Wichtigste übersehen. Die meisten Leute denken "Wenn's zu einer Hyperinflation kommt, dann werden bei einer Währungsreform halt irgendwann überall drei Nullen gestrichen, und dann wird alles wieder gut." Das ist natürlich Unsinn, denn wenn ALLES (also Guthaben, Schulden, laufende Verpflichtungen und Bargeld) im gleichen Verhältnis umgestellt wird, ändert sich natürlich praktisch genauso viel, wie wenn wegen der gestiegenen Reisegeschwindigkeit der Kilometer statt dem Meter zur Grundeinheit gemacht würde, nämlich gar nichts.Trotzdem werden solche Pseudo-Währungsreformen von verzweifelten Politikern immer wieder durchgeführt. Für ein paar Wochen scheint sich dann auch meistens eine Stabilisierung einzustellen, danach geht die Hyperinflation dann weiter. Das liegt wohl daran, dass jedenfalls für ein paar Wochen gilt: Kein Trick ist blöd genug, als dass die Masse nicht darauf hereinfallen würde. Eine richtige Währungsreform ist etwas anderes, und die wird normalerweise dann durchgeführt, wenn der Staat vorher ordentlich Kredit direkt von der Zentralbank bekommen hat, wodurch die Hyperinflation überhaupt erst ausgelöst wurde."Dann kann der Staat sich ja einfach für Bankrott erklären", werden einige jetzt sagen. Stimmt, aber das kommt meistens ganz schlecht an, und außerdem wären anschließend praktisch alle Unternehmen, alle Banken und sogar die Zentralbanken ruiniert. Also braucht's erstmal ein schöneres Wort. "Währungsreform" klingt doch schonmal bedeutend besser als "Staatsbankrott", nicht wahr, zumal die alte Währung doch - wie jeder weiß - sowieso im Eimer war. Bei der Währungsreform geht es um zwei Dinge:
- Der Staat will seine Schulden loswerden, jedenfalls zum großen Teil.
- Die Unternehmen dürfen dabei nicht ruiniert werden, weil sonst die Produktion komplett zum Erliegen kommt.
Die folgenden Schritte müssen so oder so ähnlich alle auf einmal passieren:
- Damit die Zahlen nicht mehr so groß sind, werden erstmal überall drei bis sechs Nullen abgemacht. Man muss die Leute ja mit irgendwas ablenken. Aber wie gesagt: Wirtschaftlich ändert das nichts. Im Folgenden tun wir daher so, als würde dieses Ablenkungsmanöver unterbleiben.
- Der Staat erklärt seine Anleihen für wertlos (der nächste Euphemismus: Hat schonmal jemand nach einem Abend in der Kneipe seinen Deckel für wertlos "erklärt"? Beim Staat geht das anscheinend.). Nur die bei der Zentralbank liegenden Anleihen werden zu 50% zurückgezahlt.
- Da alle Bankbilanzen nun ruiniert wären (denn die Aktiva der Banken enthalten Staatsanleihen ohne Ende), werden nun auch die Verbindlichkeiten der Banken reduziert. Und die Verbindlichkeiten der Banken sind: Tadadaa! Unsere Guthaben. Also werden - Zack! - alle Bankguthaben auf ein Fünftel reduziert. Die ersten soundsoviel Kröten des alten Bargelds werden 1:1 umgetauscht (die Zentralbank hat ja ein bisschen Luft, weil sie die Häfte, und nicht nur ein Fünftel auf die von ihr gehaltenen Staatsanleihen bekommt), der Rest 1:5 (die Reform trifft also scheinbar vor allem die "Reichen", das freut die Masse). Damit ist auch die Zentralbank aus dem Schneider.
- "Ja nun, aber damit sind die Banken doch immer noch nicht saniert." werdet Ihr sagen. Schließlich gab es auf der Aktivseite ja einen Totalschaden, und auf der Passivseite steht immer noch mehr als Null. Tja, aber die Banken haben natürlich noch andere Aktiva, und das sind - nochmal: Tadadaa! - die Schulden, die Nichtbanken bei ihr haben. Die werden natürlich 1:1 übernommen, außer(!) bei Unternehmen (hier 1:5), weil die ja nach der Abwertung ihrer Guthaben sonst pleite wären.
- Verbindlichkeiten von Nichtbanken gegenüber Nichtbanken werden auch 1:5 umgerechnet; damit ändert sich insbesondere für Unternehmen erstmal gar nichts, weil sich für die alles im gleichen Verhältnis ändert.
Was ist durch den ganzen Zinnober jetzt unter dem Strich passiert? Kurz gesagt ist der Staat fast alle seine Schulden los, und bezahlt haben dafür
- die Besitzer von Staatsanleihen
- Besitzer von Bargeld und Bankguthaben
- private Schuldner, denn die Schulden wurden formal 1:1 umgestellt, die Kaufkraft der neuen Währung wird aber höher sein (dran denken: Vom Abschneiden von drei bis sechs Nullen hatten wir abstrahiert) als die der alten.
Natürlich kann man hier noch alle möglichen Verzweigungen einbauen (was passiert z.B. mit Löhnen und Mieten? Drückt man medienwirksam den "Krisengewinnlern" - vor allem Immobilieneigentümern - eine an den Staat abzahlbare Zwangshypothek auf's Auge? usw.). Das grundlegende Prinzip ist aber m.E. oben bereits beschrieben.
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