Unser Nachbarland Schweiz wählt am 21. Oktober ein neues Parlament.
Als deutschem Ron Paul-Fan könnte einem das eigentlich ziemlich schnurz (ruhrdeutsch für: "völlig egal") sein. Interessant wird's allerdings, wenn Ron Paul selbst auf die Schweiz als positives Beispiel für Bürgerrechte verweist. So geschehen beim Interview "Candidates@Google: Ron Paul". Das sehenswerte Interview dauert etwas länger als eine Stunde. Der die Schweiz betreffende Abschnitt ist von 17:50 bis 18:25 zu sehen. Ron Paul fragt das Publikum scherzhaft, ob jemand den Präsidenten der Schweiz kenne. Das wusste von den Anwesenden natürlich niemand. Was vor allem daran liegen dürfte, dass der Bundespräsident der Schweiz weder Staatsoberhaupt noch Regierungschef ist sondern ein Primus inter pares des Kollegiums Bundesrat.
(Falls einer der Leser dieses Blogs mal von Ron Paul gefragt werden sollte: der aktuelle Bundespräsident ist eine Bundespräsidentin: Frau Micheline Calmy-Rey)
Was macht die Schweiz eigentlich so "besonders"?
- Die Schweiz ist neutral und führt daher keine Kriege mit anderen Ländern.
- Die Schweiz hat eine direkte Demokratie und stärkt dadurch Bürgerrechte.
- Die Schweiz hat eine Konkordanzdemokratie (im Gegensatz zu Deutschland mit seiner Mehrheitsdemokratie) und schützt dadurch Minderheiten und deren Rechte.
- Die Schweiz ist ein eigenständiges Land und nicht Mitglied der Europäischen Union.
Diese Eigenheiten der Schweiz finde ich (und vermutlich auch Ron Paul) äußerst sympathisch.
Anlässlich der Schweizer Wahl am 21. Oktober kommt man auch als Deutscher nicht umhin in Fernsehen, Funk und Presse über die Schweizerische Volkspartei SVP und ihren Spitzenkandidaten Christoph Blocher "informiert" zu werden. Wenn man SPIEGEL ONLINE ("Schwarze Schafe, braunes Gedankengut") Glauben schenkt, muss es sich bei SVP-Mitgliedern und -Wählern um ganz schlimme Nazis handeln. Und Herr Blocher ist angeblich das personifizierte Böse.
Nicht nur SPIEGEL ONLINE sondern auch viele Schweizer stehen Herrn Blocher und der SVP extrem ablehnend gegenüber. Z.B. der Bundesrat und aktuelle Vizepräsident Pascal Couchepin, welcher Christoph Blocher mit dem "Duce" Mussolini verglich.
Besondere Aufregung verursacht die so genannte "Ausschaffungsinitiative" der SVP, welche mit dem griffigen Slogan "Sicherheit schaffen" wirbt. Diese Initiative befürwortet die leichtere Ausweisung von kriminellen Ausländern, welche in der Schweiz schwere Verbrechen begangen haben.
Durch diese Berichterstattung aufmerksam geworden, habe ich versucht, das tatsächliche Wahlprogramm bzw. Parteiprofil der SVP selbst zu recherchieren. Folgendes habe ich auf die Schnelle gefunden:
- Die SVP bekämpft die Einbindung der Schweiz in supranationale Strukturen (UNO, EWR, EU, Abkommen von Schengen und Dublin, Annäherung an die Nato).
- Die SVP tritt stattdessen für eine absolut strikte Auslegung der geltenden Neutralität der Schweiz ein.
- Die SVP fordert, dass die Schweizer Armee nur innerhalb der Landesgrenzen (also ausschliesslich zu Verteidigungszwecken) tätig sein darf.
- Die SVP möchte die direkte Demokratie der Schweiz noch weiter stärken und ausbauen.
- Die SVP will, dass im Interesse der Meinungsäusserungsfreiheit die Rassismusstrafnorm (wohl ungefähr vergleichbar mit unserem bundesdeutschen §130 StGB) abgeschafft wird.
- Die SVP fordert Senkungen der Staatsausgaben "auf das Wesentliche".
- Die SVP setzt sich für niedrigere Einkommenssteuern sowohl auf kantonaler und als auch auf Bundesebene ein.
- Die SVP will, dass Eltern selbst entscheiden können, wie sie ihre Aufgaben erfüllen wollen um Familie & Beruf zu vereinen.
- Die SVP möchte, dass die Erziehung der Kinder soweit möglich durch die Eltern erfolgt und nicht an Kinderkrippen o.ä. übertragen wird.
- Die SVP setzt sich gegen Asyl- und Sozialstaatsmissbrauch ein (siehe auch oben "Ausschaffungsinitiative").
Da ich kein intimer Kenner der Schweizer Politik und Parteienlandschaft bin, habe ich in dieser schnell zusammen gestellten Auflistung sicherlich auch das Eine oder Andere übersehen. Das Programm der SVP scheint mir durchaus kontrovers zu sein. Was an diesem Programm jedoch nationalsozialistisch/faschistisch sein soll, will sich mir nicht erschliessen.
Viele der oben genannten Programmpunkte der SVP dürften auch für Ron Paul-Anhänger absolut einwandfrei und begrüßenswert sein. Ob die SVP speziell auch bei den Freunden libertärer Ideen in der Schweiz gut ankommt, ist mir allerdings nicht bekannt.
Bei meiner kurzen Recherche bin ich darauf aufmerksam geworden, dass Christoph Blocher anscheinend Kenner und Anhänger der Österreichischen Schule ist. Im Gegensatz zu den allermeisten Politikern, die - wenn überhaupt einen Ökonomen dann - nur Maynard Keynes kennen, so ist Blocher offensichtlich mit von Mises und von Hayek vertraut.
Auf seiner Homepage www.blocher.ch findet sich die 24-seitige Streitschrift "Freiheit statt Sozialismus" als PDF zum Download. Wer also noch eine Gute-Nacht-Lektüre sucht ...
PS: weil ich gerade beim Thema "Schweiz" bin: Die Ron Paul 2008 Meetup Group aus Zürich hat bereits 13 Mitglieder!
Freitag, 12. Oktober 2007
Die Schweiz wählt - na und?
Eingestellt von Anonym um 16:05
Labels: Christoph Blocher, Ron Paul Revolution, Schweiz, SVP, Wahl
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5 Kommentare:
Servus Christoph,
sind PC-Minenfelder Dein neuestes Hobby? :-)
Naja. Was soll`s...Du handhabst das ja einwandfrei (aus meiner Sicht, böse Kommentare wird`s trotzdem hageln...).
Nur noch mein Senf: das Plakat hätte ich mir gespart, einfach um den Applaus aus der falschen Ecke nicht noch herbeizubetteln.
Aber was Du sonst zur SVP gefunden hast, klingt für mich vertretbar.
Viele Grüße
Fabio
> sind PC-Minenfelder Dein neuestes
> Hobby? :-)
nein, das ist kein neues Hobby von mir. Aber wenn so ein Thema aktuell durch die Presse getrieben wird, dann juckt's mich einfach meinen Senf dazu zu geben.
Dass ich kein Freund der PC bin und wohl auch nicht mehr werde, dürfte inzwischen allerdings auch allen klar sein ;-) Wer sich daran reiben möchte: herzlich Willkommen!
Was an diesem Programm jedoch nationalsozialistisch/faschistisch sein soll, will sich mir nicht erschliessen. DAS muss es wahrscheinlich auch gar nicht, denn wenn die Presse entscheidet, dass es so ist, dann ist es eben so...
:(
Die SVP könnte man wohl am ehesten als nationalliberal bezeichnen. Schweizer Eigenarten werden begrüßt (Freisinnigkeit und Unabhängigkeit werden nach meiner Information von der SVP als die Hauptcharakteristika des Schweizerischen gesehen), Wirtschaftsliberalismus und liberal-konservative Gesellschaftspositionen vertreten. Alles in allem also nicht schlecht. Und Blocher selbst meinte mal in einem Interview, Libertäre seien ihm in seiner Partei herzlich willkommen.
Was auch immer die ausländische Presse über die SVP berichtet, als Schweizer kann ich Dir versichern, dass die SVP eine äusserst demokratische Partei ist. Keine andere Partei setzt sich so konsequent dafür ein, dass die weltweit einmaligen direktdemokratischen Bürgerrechte der Schweizer und Schweizerinnen unantastbar bleiben. Dies ist auch der Hauptgrund, weshalb sich die SVP so stark gegen einen EU Beitritt einsetzt.
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