Mittwoch, 1. Oktober 2008

Hart aber fair: Offenbarungseid bundesdeutscher "Eliten"

Ich habe mir heute Abend die Sendung "Hart aber Fair" zum Thema "Börsencrash und Bankenpleite –wie sicher ist unser Geld noch? " angesehen, um mir ein Bild über die aktuelle deutsche Stimmungslage bzgl. der laufenden Ereignisse zu machen, da ich die Finanzkrise hauptsächlich aus internationalen Medien und Quellen verfolge. Außerdem war ich neugierig auf die Thesen von Prof. Max Otte, dessen Buch "Der Crash kommt" aus dem Jahr 2006 zumindest lt. Amazon-Beschreibung interessante Themen behandelt und abseits des system-ökonomischen (= 100% staatsgläubigen) Mainstreams zu navigieren scheint.
Zunächst möchte ich sagen, daß ich die Sendung grundsätzlich für das Beste halte, was der öffentlich-unrechtliche Staatsfunk - das etatistische Zwangs-Pay-TV - im Bereich "politischer Talkshows" zu bieten hat. Ich möchte auch erläutern, warum ich von "bundesdeutscher Elite" spreche und nicht von der internationalen Finanzelite, die wir hier im Blog gerne angreifen, obwohl sie leider schwer an konkreten Personen festzumachen ist, ohne ins "verschwörungstheoretisch-spekulative" (zumindest in den Augen von Otto Normalbürger) zu geraten.
Vertreten waren in der Sendung Heiner Geißler, Norbert Röttgen, Michael Rogowski, Klaus Ernst, Max Otte und leider auch Hermann-Josef Tenhagen von der rührigen und angeblich "neutralen" Zeitschrift "Finanztest", der wohl als letzte Bastion des "Vertrauens" in diesen schweren Zeiten einbestellt wurde.
Es war also ein Kreis von Herren anwesend, der nach landläufiger Vorstellung Einblick in die oberen Sphären der bundesrepublikanischen Geschicke hat und eben dort auch tatkräftig mitwirkt.
Mein Eindruck bestätigt sich immer mehr, daß wir in Deutschland von einer eingeschränkt permeablen Kaste von Menschen regiert und geführt werden, die besten Wissens und Gewissens völlig ahnungslos ist. Die letzten Wochen waren für mich eine Übung in Demut, da die jüngsten Wirbelstürme an den internationalen Finanzmärkten meine wildesten Vorstellungen übertroffen haben, aber wer wie ich das derzeitige Treiben der "Big Player" in den USA und weltweit verfolgt, der kann sich in meinen Augen nicht der Einsicht verschließen, daß selbst unsere angebliche und zum Teil wählbare "politische, wirtschaftliche und akademische Elite" bestenfalls Kreisklasse ist (was allerdings wohl für sämtliche Länder der Welt gilt).
Da auch Prof. Otte extrem schüchtern und blass geblieben ist, hat niemand in der Runde verhindert, daß bei der besagten Fragestellung "wie sicher unser Geld" denn sei, nicht einmal die Frage thematisiert wurde was Geld überhaupt ist und wie es entsteht, obwohl genug Stichpunkte genannt wurden. Stattdessen referierte ein Lichtlein wie Herr Tenhagen über "Wetten" bei Zertifikaten und schwadronierte völlig am Thema vorbei. Selbst innerhalb des Zertifikatethemas konnte er den springenden Punkt nicht finden, denn das angebrachte Beispiel des geplatzten Lehman-Garantiezertifikates hat nichts mit den z.T. recht undurchsichtigen Spielarten zu tun, die der korrumpierte Finanzmarkt bietet und die er mit gewisser Berechtigung kritisiert hat. Das Emittentenrisiko ist hier der Punkt und er hätte sich mal der Frage stellen sollen, wie eine Großbank wie Lehman einfach pleite gehen kann, anstatt von Bonus-Zertifikaten zu reden, die garnicht das Problem der zitierten Rentnerin waren. Seine Aussagen bzgl. des Umlageverfahrens, der "Sicherheit" deutscher Bankeinlagen und Gold kann ich nur mit dem Spruch "si tacuisses..." kommentieren.
So wie ich das sehe, ist aber kein "böser Wille" im Spiel.
Ich glaube auch einem Herrn Rogowski sofort, daß er nicht geahnt hat wohin die IKB schlittert, deren Aufsichtsratsmitglied (natürlich nach politischem Proporz) er war. Als ehemaliger BDI-Präsident hat er sich nach eigenen Worten nur sehr bedingt in die Denk- und Handlungsweise von Bankern hineinversetzen können und er war - nach dieser Sendung bin ich mir sicher - auch als Mitglied im Beraterstab der Carlyle Group nur ein besonders gut entlohnter nützlicher Idiot wie Du und ich. Die komplexe und komplizierte Perversität unseres Finanzsystems verschließt sich offenbar einem gewöhnlichen Industriellen, der es gewöhnt ist, daß harte Arbeit und kaufmännisches Geschick vor einer erbrachten und verkauften Leistung stehen. Insofern ist es nur verständlich, wenn er die - der Absicht nach ebenso verständlichen - Anwürfe eines Softcore-Kommunisten wie Ernst abgewehrt hat, der den Pauschalvorwurf der Gier an "die Wirtschaft" gerichtet hat (gähn).
Auch dessen Seelenverwandten Heiner Geißler nehme ich die Wut über die Entwicklungen ab und es ist kein böser Wille von ihm, wenn er wie Ernst ideologisch zu beschränkt ist zu sehen, daß er nur die linke Hand des Teufels ist, die versucht der rechten auf die Finger zu klopfen.
Wer die Perfidie der Kabale von Verbrechern wie Hank Paulson und seiner Goldmänner kennt, dem kann nur Angst und Bange werden, wenn er sieht, wie harm- und ahnungslos unser Führungspersonal ist. Oder er emanzipiert sich endlich von den Leitlemmingen - so weit uns das überhaupt noch möglich ist.
Ich bin ja erklärtermaßen offen für "Verschwörungstheorien", aber es fällt mir schwer mir vorzustellen, wie man diese hierarchisch höhergestellten Leitschafe (im Vergleich zu "uns Bürgern") so lenken kann, daß sie ob ihrer Ahnungslosikeit und Beschränktheit in die gewünschte Richtung traben, ohne daß allzuviele Kollateralschäden an den eventuellen "Masterplänen", so es sie denn geben sollte, angerichtet werden.
Vielleicht ist das aber auch der Reiz des Spiels, dessen Ausgang ich nicht kenne. Außerdem sind die Zäune mit den kindischen "Links vs. Rechts", "Staat vs. Wirtschaft" und ähnlichen Pseudogegensätzen vielleicht eng genug gesteckt, damit die Schäflein noch glauben können autonom zu handeln und trotzdem nichts wirklich systemgefährdendes anstellen.
Das wäre "divide et impera" wie aus dem Lehrbuch und wenn ich ein "Verschwörer" wäre, würde ich über meine eigene Schöpfung staunen.
Zumindest bin ich mir aber endgültig sicher, daß wir in unserer großartigen "Demokratie" niemanden wählen dürfen, der wirklich an die wunden Punkte geht und auch von "unabhängigen" Medien wie "Stiftung Warentest" ist offenbar nicht mehr zu erwarten, als jeder Depp mit der morgentlichen Lektüre des Wirtschaftsteils einer halbwegs seriösen Tageszeitung selber in Erfahrung bringen kann.

Als Kontrastprogramm kann der geneigte Leser sich den aktuellen Artikel von "Schall und Rauch" zu Gemüte führen:

Weckruf

10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

erschreckend oder.
bin echt mal gespannt wo das hinführt.

eigentlich ist es ein beweiß das kapitalismus auch nicht funktioniert. also auf zum nächsten systemversuch. allerdings müssen wir dafür erstmal das alte "runterfahren"

hab die sendung leider verpasst aber danke für die zusammenfassung...

Fabio Bossi hat gesagt…

Die Sendung müßte eigentlich demnächst online erscheinen.

Bzgl. "Kapitalismus":

Es hat mir eher gezeigt, daß die keine Ahnung haben, was Kapitalismus eigentlich ist. Nicht vergessen: seit Nixon sind wir alle Keynesianer, auch wenn Lafontaine das nicht wahrhaben will. Wenn ich "Kapitalismus" sage, dann meine ich es im Sinne von Ron Paul.
Am ehesten kannst Du das an der "intuitiv richtigen" Haltung von Rogowski ablesen, der von "echtem Kapitalismus" spricht, während Geissler ebenso "intuitiv richtig" den "Finanzkapitalismus" geißelt. Beide aber vermischen die Phänomene, verwechseln Ursache und Wirkung und reden so gnaden- und endlos aneinander vorbei.
Ich bin deswegen für "Verschwörungstheorien" offen, weil ich mir dieses Ausmaß an Inkompetenz nicht durch eine Verkettung unglücklicher Zufälle erklären will. Aber die Verschwörungs, so es sie denn gibt, setzt ein paar Etage über so Figuren wie dem "Finanzminister" oder der "Bundeskanzlerin" an. Ich weigere mich zu glauben, daß die Planer unseres Finanzsystems nicht das Fiat Money System durchschauen, das sie installiert haben.

Anonym hat gesagt…

klar durchschauen sie es. so eine wirtschaftskrise ist doch immer gut um das geld von unten nach oben zu transferieren. wieso bloss wollte der liebe herr paulson mit seinem rettungspaket (die erste version) von keiner anderen institution kontrolliert werden!

Fabio Bossi hat gesagt…

Ja, Typen wie Paulson schon. Der dürfte sogar zu den "initiierten Planern" gehören. Ein Heiner Geissler checkt das nicht und auch Ben Bernanke scheint ein Geisterfahrer in "gutem Glauben" zu sein.

Anonym hat gesagt…

Schöner Artikel! Lohnt es sich denn überhaupt die Sendung zu gucken? Sagt irgendwer was gescheites?

Anonym hat gesagt…

Was unsere Fernsehformate betrifft kann ich auch Monitor empfehlen. Hier wird zumindest ab und zu noch mal hinter die Kulissen des Scheins geblickt.
http://www.wdr.de/themen/global/webmedia/webtv/getwebtvextrakt.phtml?p=400&b=045&ex=2
Neben dem KfW Beitrag ist auch der Beitrag über die Sauerland-Terroristen Zelle und ihre Geheimdienstverbindungen interessant.

Anonym hat gesagt…

Tja Fabio, ähnliches ging auch mir durch den Kopf und besoners erstaunt war ich, als der "Finanztest"-Mann so locker gesagt hat, die Bundespapiere sind alle sicher. Der müsste doch eigentlich mindestens den Schuldenstand des Staates kennen und wissen, was Inflation ist. Seltsam.

Und was die Linken angeht, so sind sie wenigstens die einzigen, die offen sagen, dass immer von unten nach oben transferiert wird. Und dafür gibts dann auch regelmässig Prügel von SPIEGEL und co.

Jedem, der das Finanzsystem besser verstehen will, kann ich nur folgendes Interview empfehlen:
http://video.google.de/videoplay?docid=6507136891691870450&ei=EdPkSPPlNoKw2gKtvLCqCw&q=creature&hl=de

Gruss
Henrik

Anonym hat gesagt…

Hey Fabio, danke für den tollen Bericht! Da musste ich mir das wenigstens nicht selber anschauen ;-)

Anonym hat gesagt…

Endlich wacht Ihr auf !
Das Volk / die Menschheit wird enteignet, und in die Sklaverei gepresst.
Ob es uns auferlegt wird, oder wir es verlangen werden ...

Teil III des ZEITGEIST-Filmes beschreibt es sehr genau !

Revolution ist jetzt !

Anonym hat gesagt…

Hallo Leute,
also das mit den Verschwörungstheorien kann man nehmen und glauben wie man will. Aber ich stimme dem Fabio voll zu wenn er meint das der kopflos mitmischende Rest zu viele Kollateralschäden verursacht, so dass sich groß angelegte "Verschwörungen" nicht lohnen.
Ich halte die gesamte Entwicklung eher für einen gesetzmäßigen Weg des kapitalistischen/imperialistischen Systems. Da sind zyklische Krisen nun mal systemimmanent. Natürlich findet man immer wieder einen Weg mehr zu verkaufen, höhere Gewinne zu erzielen. Und wenn es am Ende mit solchen betrügerischen Methoden wie an den Börsen passiert. Für mich sind Börsen institutionalisierte staatlich genehmigte Würfelbuden. Was an diesen Plätzen geschieht, hat mit der eigentlichen Wertschöpfung nichts mehr zu tun. Hier heckt Geld Geld. Das kann, mit gesundem Menschenverstand betrachtet, nicht gut gehen. Jetzt haben wir die Quittung, es wird Kohle im großen Maßstab vernichtet. Nämlich die des kleinen Mannes. Denn diese Krise kommt ja auch bei uns hier unten an. Allerdings nicht in Form von verlorenem Aktienkapital, sondern mit Steuern, hohen Beiträgen (aktuell siehe Krankenkasse usw.) Klar verlieren die milliardenschweren Zocker auch.
Aber genau da liegt das Kreuz im Walde. Die können es sich leisten! Wenn wir als kleine Leute Haus, Hof und Geld verloren haben, dann ist bei denen immer noch was da. So funktioniert das System der Umverteilung von unten nach oben. Und weil dieser Mechanismus so simpel und äußerst effektiv ist, braucht es keine großen Verschwörungen, das geht von alleine.
So lange wir uns nicht von dieser Gesellschaftsordnung befreien, hört das auch nicht auf.
Man sagt dem alten Marx immer nach das er tot ist.... schaut Euch um, er hat sich eben wieder gemeldet.
So wie ich das sehe muss die Karre aber erst richtig im Dreck landen. Vorher passiert hier nichts.
Wir brauchen eine Gesellschaftsform die nachhaltig wirtschaftet und bei der es nicht um Wachstum ohne Grenzen geht. Dazu gehört alles nach neuen Gesichtspunkten zu gestalten. Ein Wandel im gesellschaftlichen Bewusstsein der Menschen ist nötig. Wir müssen weg vom Leben auf Pump.
Viele sind auf dem Weg dahin. Leider nur sehr wenige oder vlt. gar keiner aus der Führungskaste dieses Landes.
Die Hoffnung stirbt zuletzt.

In diesem Sinne...

 
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