Dienstag, 3. Juni 2008

10 Jahre EZB: Der Euro, ein "aussergewöhnlicher Erfolg" - Die Frage ist nur, für wen?

Die Europäische Zentralbank (EZB) feiert ihr 10-jähriges Bestehen.

Top-Politiker und Zentralbanker stehen vor den Kameras und klopfen sich gegenseitig für ihre tolle Leistung auf die Schulter.

Natürlich ist der Euro für Touristen und Unternehmen erst mal angenehm. Schliesslich entfällt innerhalb der Eurozone der lästige Devisen-Wechselaufwand bzw. aufwändige Wechselkursabsicherungsgeschäfte.

Das ist allerdings bloss ein verhältnismässig kleiner Vorteil einer Gemeinschaftwährung.
Der Lackmustest, den eine Währung zu bestehen hat, ist die Frage nach ihrer Wertstabilität:

Jean-Claude Trichet, der Präsident der EZB, spricht von einem "aussergewöhnlichen Erfolg" des Euro. Seit Einführung des Euro "hätte die jährliche Inflationsrate durchschnittlich 2,1 Prozent betragen".

Nun, es gibt nur wenige Berufsgattungen, die noch mehr lügen als Politiker. Zentralbanker dürften sicherlich zu diesem kleinen Club gehören. Und Herr Trichet wird seinen Posten nicht umsonst bekommen haben.

Viele Menschen - eigentlich alle Menschen außer Zentralbankern und Politikern - haben schliesslich das Gefühl, dass der Wertverlust ihres Geldes deutlich höher ist.

Wer hat denn da nun Recht?

Hierzu muss man vorwegschicken, dass Herr Trichet mit Inflation ausschliesslich Preissteigerungen eines mit komplizierten hedonischen Methoden manipulierbaren Warenkorbes meint.
Diese Berechnung kann ausser den verbeamteten Oberstatistikern in den staatlichen Statistikämtern niemand nachvollziehen - geschweige denn kontrollieren.
Wir sind diesbezüglich also auf das "Glauben" angewiesen, da uns das Wissen nicht zur Verfügung steht.
Und "Glauben" ist - zumindest für mich - etwas, was man Sonntags in der Kirche macht.

Wir dagegen bedienen uns bei unserer Untersuchung des "Wissens" der Österreichischen Schule von Mises und Hayek. Nach dieser entwertet sich Papiergeld in dem Maße, in welchem neu hinzukommendes Papiergeld die neu hinzukommende Gütermenge übersteigt.

Rechnen wir also doch mal nach: Wie hoch ist wahre Inflation tatsächlich? Stimmen die durchschnittlich 2,1% Inflation p.a., die uns Herr Trichet versichert?

Da der Euro ab dem 1. Januar 2002 als Bargeld im Umlauf ist, werden wir diesen - für die Verbraucher nachvollziehbaren - Zeitraum betrachten:

1) Die Geldmenge M3 (Wachstum)
Wir verwenden das umfassendste Geldmengenaggregat M3:
2002: 6,7% / 2003: 6,5% / 2004: 6,4% / 2005: 8,5% / 2006: 9,4% / 2007: 11,7%
In 2008 ist M3 bis Ende April um 3,5% gewachsen. Wir rechnen das bis Ende 2008 hoch auf 10,5%.
(Die anderen Geldmengen "Bargeld", M1 und M2 haben sich über den gesamten Betrachtungszeitraum sehr ähnlich entwickelt.)

2) Die Gütermenge BIP (Wachstum)
Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Eurozone ist folgendermassen gewachsen:
2002: 0,9% / 2003: 0,8% / 2004: 2,1% / 2005: 1,6% / 2006: 2,8% / 2007: 2,6%
Für 2008 wird ein Wachstum von 1,7% prognostiziert.

Daraus errechnet sich die Inflation wie folgt:

M3-Wachstum
2002: 6,7% / 2003: 6,5% / 2004: 6,4% / 2005: 8,2% / 2006: 9,4% /
2007: 11,7% / 2008e: 10,5%

abzüglich BIP-Wachstum
2002: 0,9% / 2003: 0,8% / 2004: 2,1% / 2005: 1,6% / 2006: 2,8% /
2007: 2,6% / 2008e: 1,7%

ergibt Inflation
2002: 5,8% / 2003: 5,7% / 2004: 4,3% / 2005: 6,6% / 2006: 6,6% /
2007: 9,1% / 2008e: 8,8%


Für die 6 Jahre von 2002 bis 2007 in denen europäische Bürger mit dem Euro zahlen müssen, war der durchschnittliche Kaufkraftverlust demzufolge 6,4% p.a..

Damit ist die Inflation im Schnitt mehr als dreimal so hoch wie die von Herrn Trichet verbürgten offiziellen 2,1%.

Und in 2008 wird es aller Voraussicht nach mit ca. 8,8% Inflation wieder besonders dicke kommen.

Ich schätze, ich bin mir mit den Lesern dieses Blogs einig, dass die von mir errechneten Inflationsraten deutlich näher an unserer gefühlten Wirklichkeit der Geldentwertung in unseren Portemonnaies liegen, als dieses Geschwurbel von Herrn Trichet. Oder?

Inflation ist ökonomisch nichts Anderes als eine Steuer. Sie schmälert die Kaufkraft der Bürger.

Ein wesentlicher Unterschied im Resultat besteht jedoch zwischen der Inflation und der Einkommensteuer: Die Einkommensteuer ist progressiv gestaltet. Wer mehr verdient, zahlt nicht nur absolut sondern auch prozentual mehr.

Die Inflation trifft dagegen kleine Sparer und Bezieher fester Einkommen (auch Rentner und sozial Bedürftige) besonders hart. Wohlhabendere Bürger können die Folgen der Inflation durch Anlagen in Sachgüter wie Immobilien oder Aktien etwas abmildern.

Daher ist die vom Papiergeld verursachte Inflation eine besonders "asoziale" Erfindung unseres angeblich doch ach so sozialen Staates.

Inflation kann es nur in einem Papiergeldsystem geben. Nur Papiergeld kann beliebig aus dem Nichts erschaffen werden. Daher spricht man auch von "Fiat-Money"; abgeleitet vom lateinischen fiat lux "Es werde Licht".

Unter einem Gold- oder Silberstandard herrscht dagegen Geldwert- und Kaufkraftstabilität.

Viele - unwissende - Kritiker eines Gold- oder Silberstandards glauben, dass diese deshalb ungerecht seien, weil Gold bzw. Silber ja "nur was für Reiche" sind. Dies ist ein absolut ungerechtfertigter Pawlowscher Reflex und leider auch ein fataler Irrtum.
Das Gold, das sich eine reiche Dame um den Hals hängt, hat nämlich nix mit der Gold- oder Silberdeckung einer Währung zu tun.

Ganz im Gegenteil: Ein Gold- bzw. Silberstandard sind deutlich sozialer als staatliches Zwangspapiergeld, da sie gerade die unteren Schichten effektiv vor Kaufkraftverlusten ihrer Ersparnisse und festen Bezüge bewahren!

Gruss an alle,

Euer Christoph

PS:
Ich hoffe, ich kann mit diesem Beitrag einigen mitlesenden Gutmenschen mit ihrer "Wir drucken einfach genug Geld für Alle-Wohlstands-Utopie" ein kleines geistiges Fenster zur Realität aufstossen.
Für sachbezogene Fragen stehe ich gerne zur Verfügung. Für die inzwischen üblichen Beschimpfungen, Verunglimpfungen und Diffamierungen nicht.

Der Präsident der EZB, Jean-Claude Trichet,
und Kanzlerin Angela Merkel gratulieren sich zur gelungenen Volksverarsche

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

mit der gegenueberstellung von M3 zu BIP gehe ich mit ihnen dácord.

mit ihrem schluss eines gold oder edelmetallstandards nicht, denn sie koennen ebenso gold oder sonstige standardgelder in erhoehtem masse auf den markt schmeissen.

sie sagten schon richtig oben M3 (bargeld und alle anderen geldsorten) muessten immer gleich dem BIP sein, dann gibt es keine inflation.

Anonym hat gesagt…

Die Währungspolitik/die Inflation ist doch auch der Grund, wieso (angeblich) der Mittelstand geringer wird. Wenn man also den Mittelstand stärken will, müßte man die Geldpolitik ansehen, oder?

Anonym hat gesagt…

@ Anonym #1

"denn sie koennen ebenso gold oder sonstige standardgelder in erhoehtem masse auf den markt schmeissen."

Nun, es gab in mehreren Jahrtausenden Goldstandard immer mal wieder Zeiten, in den mehr Gold als üblich auf den jeweiligen lokalen Markt kam:

So zum Beispiel als im 16. Jhd. die Conquistadores das südamerikanische Gold der Azteken und Mayas raubten und nach Spanien verschifften.

In dieser Zeit führte der vermehrte Goldzufluss in Spanien zu höheren Preisen, d.h. Inflation.

Ähnlich einzuschätzen sind Reparationszahlungen einer unterlegenen Kriegspartei in Gold.

Historisch handelt es sich diesbezüglich jedoch um absolute Ausnahmesituationen.

In normalen Zeiten werden jedes Jahr ungefähr 1,5% zusätzliches Gold aus dem Minenbetrieb gewonnen.
Diese 1,5% mehr Gold p.a. entsprechen meist - mehr oder weniger - dem industriellen Fortschritt im Sinne von BIP-Wachstum.
De facto herrscht daher im langfristigen Mittel unter einem Goldstandard tatsächlich Preisstabilität.

Theoretisch liesse sich eine solche Preisstabiltät natürlich auch unter einem Papiergeldstandard realisieren.
Man müsste ja bloss in die Verfassung schreiben, dass das bereits realisierte BIP-Wachstum ein entsprechendes Geldmengenwachstum in der Folgeperiode erlaubt.

Das Problem ist, dass die hehre Theorie noch nie den Praxistest bestanden hat:

Bisher haben sich nämlich noch immer Politiker gefunden, die - um das Wahlvolk durch kurzfristige Wahlgeschenke gnädig zu stimmen - ihre Zuflucht in der Geldpresse gesucht haben.

Dies ist heute nicht anders als im China der Tang-Dynastie im 6. Jahrhundert. Schon damals gab es Papiergeld (von den Chinesen als "Fliegendes Geld" bezeichnet).

Und wie jedes andere Papiergeld in der Geschichte der Menschheit wurde auch dieses durch Inflation vollkommen entwertet.

Als Fazit würde ich sagen:

Theoretisch geht Preisstabilität auch ohne Gold (bzw. Silber); praktisch hat sich Gold in der Menschheitsgeschichte jedoch immer wieder sehr gut bewährt.
Papier dagegen (leider) bisher noch nie.

Anonym hat gesagt…

@ Anonym #2

Das Problem dürfte in erster Linie sein, dass der Mittelstand mit seinen Unternehmern und Arbeitnehmern den Großteil der direkten Steuerlast trägt.

Lohn- und Einkommensteuer - die hauptsächlich der Mittelstand erwirtschaftet - machen immerhin 1/3 des Gesamtsteueraufkommens aus.

Und bei der Lohn- und Einkommensteuer wirkt sich die besonders hinterhältige versteckte "Kalte Progression" aus:
Durch die Inflation des Papiergeldes steigen langfristig die Gehälter (Stichwort "Zweitrundeneffekte").

Diese Gehaltssteigerungen sind jedoch meist nur nomineller, aber nicht realer Natur. D.h. sie dienen eigentlich der Aufrechterhaltung der Kaufkraft.

Jedoch kommt man durch das nominell höhere Einkommen in einen höheren prozentualen Steuersatz. Hierdurch steigt die reale Steuerlast - man hat dann netto nur noch eine geringere Kaufkraft.

Diese "Kalte Progression" gäbe es unter einem Goldstandard nicht, da es hier ja nicht zu einer Inflation kommt.

Die Netto-Kaufkraft des Einkommens bliebe also erhalten.

Anonym hat gesagt…

Das schöne am Gold ist es, dass es eben nicht beliebig "nachgeschmissen" werden kann. Wer durch "Raubzüge" oder Mienenfunde neues erhält und auf den Markt wirft, schwächt die Kaufkraft im eigenen Land. - OK. Aber langfristig wird sich das ausgleichen (wenn ich im Ausland mehr Güter für mein Gold bekomme, kaufe ich dort, also verteilt sich der Goldüberschuss über die Länder).

Was aber viel wichtiger ist, ist das Kreditwesen zu revolutionieren. Denn Schuldenblasen gibt es auch unter einem Goldstandard, was ja auch der Grund gewesen ist, ihn aufzuheben. Dürfen private Banken Kredit gegen Zinz vergeben, wird irgendwann alles Gold den Banken gehören, und die Volkswirtschaft bezahlt nur noch mit Schuldscheinen.

Gruß, Stephan

 
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