Samstag, 28. Juni 2008

Ralf Rothmann: "Wir wählen Freiheit"

Der Schriftsteller Ralf Rothmann erhielt am 18. Mai den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Ralf Rothmann

Anlässlich der Preisverleihung sagte Ralf Rothmann:

Der Staat weiß alles über mich, ich aber nichts über ihn. Aber zur Freiheit des Menschen gehört sein Geheimnis, es ist der Kern seiner Freiheit. Zur Freiheit des Staatswesens gehört die Transparenz.

Nur in einer freien Gesellschaft ist man vor fanatischen unglücklichen Zeitgenossen geschützt.

Natürlich wollen wir alle sicher leben und nicht beim Betreten des Bahnhofs von einer Bombe zerfetzt werden.
Aber warum deswegen meine Fingerabdrücke im Paß nötig sind, meine biometrischen Daten erfasst, meine Handyverbindungen gespeichert, mein Konto durchleuchtet, meine Post geöffnet, mein Computer ausgespäht und, sofern ich das Bad von arabisch aussehenden Klempnern warten lasse, meine Wohnung mit Richtmikrofonen abgehört und mit wanzengroßen Kameras gespickt werden muss, das ist auch mit poetischer Logik nicht ganz leicht zu verstehen.

Und dass es in unserem Kulturkreis so etwas wie Guantánamo überhaupt gibt oder allen Ernstes darüber diskutiert wird, ob gewisse bestialische Verhörmethoden nun Folter zu nennen seien oder doch eher nicht, ist ein sicherer Beleg dafür, dass Rationalität wieder einmal auf den blutigen Gipfel getrieben wird und in eine Herzenskälte umschlägt, die es einer humanen, den menschlichen Grundwerten verpflichteten Gesellschaft nicht geben darf.

Wahre Wort!
Christoph

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"[...]st ein sicherer Beleg dafür, dass Rationalität wieder einmal auf den blutigen Gipfel getrieben wird und in eine Herzenskälte umschlägt[...]"

Das ist meiner Ansicht nach eine absolute Fehlscheinschätzung. Folter hat in keinster Weise etwas mit Rationalität zu tun. Würde man Rationalität tatsächlich auf den Gipfel treiben, dann gäbe es keines der in dem Artikel angesprochenen Probleme. Das Problem ist nicht zu viel Rationalität, sondern zu wenig.

Anonym hat gesagt…

Ich stimme Dir zu:

Rationalität ist kein Gegensatz zu "einer humanen, den menschlichen Grundwerten verpflichteten Gesellschaft".
Eher schon eine Voraussetzung für eben jene.

Danke für den Hinweis!

 
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