Freitag, 11. April 2008

Freiwirtschaft, Zinskritik und Silvio Gesell

In einer Diskussion bei http://www.paxx.tv kam das Thema auf Silvio Gesell und die Freiwirte.

Zwei Gegenstandpunkte können in den Kommentarfeldern diskutiert werden:

Ein Plädoyer für Freigeld
von Christian Klein

und

Eine kritische Überprüfung von Freiwirtschaft, Zinskritik und Schwundgeld nach Silvio Gesell
von Rahim Taghizadegan
vom "Institut für Wertewirtschaft"

Feuer frei!

15 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Feuer frei, Fabio?

Wenn Du mich schon aufforderst, will ich dem gerne nachkommen:

Gesell's Theorie basiert auf Freigeld (auch als "Schwundgeld" bekannt).

Was sind denn die Eigenschaften von Gesell's Freigeld?:

- reines ungedecktes Papiergeld

- Loslösung vom Gold-/Silberstandard

- Ausgabe des Freigeldes soll durch den Staat geregelt werden

- dadurch verliert Geld seine Wertaufbewahrungsfunktion

- dieses Freigeld hat nur noch Zahlungsmittelfunktion

- durch eine Umlaufsicherungsgebühr wird das Horten von Geld bestraft

Hallo, merkt jemand was?

Wir alle haben schon Freigeld:

Es ist unser Inflationsgeld und heisst Euro, Dollar, Yen!

es grüßt
Christoph

Anonym hat gesagt…

Der alte Silvio Gesell ist heute nicht mehr zeitgemäss. RT bezieht sich in seiner lesenswerten Kritik (wo ich vielem zustimmen kann) aber auf die klassische FW (die heute noch genug sog. Freiwirte vertreten), aber somit nicht direkt auf neuere Ideen, die hier zu finden wären: http://wiki.freiwirtschaft.org/index.php?title=Systemfehler-Forum_FAQ
(Kritiken dazu wären mal interessant.)

Ich schlage daher vor, die Diskussion in eine andere Richtung zu lenken und frage mal generell, wieso eurer Meinung nach Geld eine wertvolle Dokumentationsform wie Gold bspw. haben sollte. Wichtig ist, was dokumentiert wird, nicht das Dokument an sich.

Fabio Bossi hat gesagt…

Hi Christoph,

ich sehe das so wie Du, hab aber den neuen Artikel von CK nur überflogen, wobei ich mich auch gewundert habe, daß dort der Goldstandard mit dem Argument der "Deflation" (im Sinne von Preisverfall) kritisiert wird. Das bedeutet nämlich den Kaufkraftgewinn der Währung und ist eigentlich alles andere als ein Drama.
Und das mit dem Schwundgeld sehe ich genauso, weswegen ich die Freiwirte nicht verstehe. Aber mal sehen, was es Neues von denen gibt. Mir ist es ja eigentlich egal, solange die einen Wettbewerb erlaube. Da würde ich Krügerrands gerne ins Rennen gegen deren Schwundgeld schicken ;-)

@CK:

"Wichtig ist, was dokumentiert wird, nicht das Dokument an sich."

Naja. "Dokumentieren" kann man viel, wenn der Tag lang ist. ABS, CDS, CDO?

Für mich ist Geld ein Rohstoff.

Anonym hat gesagt…

@Fabio: Nein, gemeint ist Deflation im Sinne von Goldhortung/Geldmangel, wovon Preisverfall nur ein Symptom ist.

Geld ist für mich ein Nominalgut, was ein Schuldverhältnis darstellt. Ich habe Leistung erbracht und habe noch keine Gegenleistung erhalten. Auch in einem Goldsystem gibt es immaterielles Giralgeld, sprich Forderungen auf Goldgeld (KEIN Gold selbst), dokumentiert in Bits und Bytes.

Geldwettbewerb wäre geil, eine Freigeld-ZB ist nur meine zweite Wahl.

Anonym hat gesagt…

Man sollte erst mal definieren, was man überhaupt unter Deflation versteht, bevor man sie als gut oder schlecht bezeichnet.

Meine Definition:

Es herrscht Deflation wenn:

1)
Die Gütermenge schneller als die Geldmenge steigt.

2)
Die Geldmenge schneller als die Gütermenge sinkt.

Preisveränderungen sind immer nur ein Symptom der obigen Ursachen.

In der Zeit, in der z.B. die USA unter einem Gold-/Silberstandard waren (ab 1796 bis weit ins 20ste Jahrhundert hinein) gab es langfristig keine Inflation. Aber auch keine Deflation!
Natürlich gab es kurzfristige Fluktuationen in den Preisen, diese glichen sich jedoch langfristig wieder aus.

Ein typisches Einfamilienhaus in den USA kostete 1900 ziemlich exakt das Gleiche wie 1800.

Das lag daran, dass die Goldförderung annähernd mit der Entwicklung der wirtschaftlichen Umstände mithielt.

Das heisst: Delta Geldmenge = Delta Gütermenge

In den USA ging es in dieser Zeit aufwärts (anders als jetzt).

Ein Grund für diesen Aufschwung war die soziale Gerechtigkeit (ein Ausdruck, den ich sonst meide wie der Teufel das Weihwasser, der hier aber ausnahmsweise mal angebracht ist) des Gold-/Silberstandards:

Arbeitnehmer mussten (im Gegensatz zu heute) mit ihren Lohnforderungen nämlich nicht der bereits eingetretenen Preissteigerung hinterherlaufen.

Dass ein Goldstandard zu Geldknappheit und damit Wirtschaftsabschwung führt, ist ein von Keynesianern gerne gepflegtes Märchen, das der historischen Überprüfung nicht standhält.

Deswegen: Go Ron Paul!

Christoph

Anonym hat gesagt…

@Christoph: Dieser Definition von Deflation stimme ich vollkommen zu !

Übrigens wünsche auch ich mir eine Festwährung bzw. eine Inflationsrate um 0%.

Doch wieso brauchen wir dafür Gold ? Es ist doch Unsinn die Leistung einer Volkswirtschaft (die ja von anderen Faktoren wie Rohstoffen, Produktionskapazitäten usw. abhängt) vom (Nicht-)Vorhandensein eines Metalls abhängig zu machen, was Gelddokumenten einen intrinsischen Wert verpassen soll.

Anonym hat gesagt…

@CK

Warum ist ein Gold- bzw. ein Silberstandard aus meiner Sicht optimal?

1) Gold und Silber sind seit Menschengedenken Geld.
Seit ca. 5000 Jahren werden Gold und Silber als Tauschmittel gerne verwendet.
D.h. die Menschen würden diesem Geld vertrauen. Ein aus meiner Sicht entscheidener Punkt.

2) Jetzt werde ich sehr pragmatisch:

Wenn so schlaue Leute wie Mises, Rothbard und Baader (und Ron Paul!) für einen Goldstandard sind, werde ich nicht dagegen sein.

Das klingt jetzt vielleicht erst mal nach einem dämlichen Argument; aber ich glaube ja auch Einstein, wenn er mir sagt, dass schneller als Lichtgeschwindigkeit nicht geht.

Notwendige Details:

- Natürlich sollte das Goldgeld nicht staatlichem Monopol unterliegen.

- Nennwertangaben in einer Währungseinheit sind zu vermeiden.
Gewicht in Goldgramm/-Unzen reicht
vollkommen.
(Beispiel: Der Krügerrand erfüllt diese Bedingung, der American Eagle erfüllt sie nicht.)

- Kein Bimetallstandard. Nur Gold oder Silber. (=> "Gresham's Law")

Anonym hat gesagt…

ad 2) Ist ein Argument ad hominem, stellt mich nicht zufrieden, zumal wenn andere Schlaue [Friedman, Keynes bspw.) gegen Goldgeld waren/sind (in Wirtschaft gibt es halt mehr Kontroversen als in Physik ;-) ]

ad 1) Naja. Eine wissenschaftlich-theoretische Erklärung ist das nicht.

Wieso ist es wichtig, dass mein Trauschein vergoldet ist ? Hauptsache ich kann belegen dass ich verheiratet bin, oder nicht ? Geld stellt eine Kreditbeziehung dar, die Dokumentationsform ist doch wurscht.

Anonym hat gesagt…

@ck
Gold und Silber sind begrenzt. Gold bzw Silber aus einfach so aus "Luft" herzustellen ist nicht möglich. Anders bei dem inflationären "Papiergeld", da muss man einfach nur die Druckerpresse laufen lassen, und der Geldschein nimmt jedn erdenklichen Wert an.

10 Gramm Gold sind 10 Gramm Gold, auf 10 Gramm Papier kann ich jede erdenklichen "Wert" darauf Drucken. Heute sind 10 Gramm Papier 100 Euro, morgen ist es ne Million. Da das aber auffallen würde wenn sie Nullen dran hängen, erhöhen sie die Geldscheinanzahl, bis es auffällt, das zuviele Geldscheine unterwegs sind, haben die schon ihre Waren und Dienstleistungen erhalten.

Anonym hat gesagt…

Was aber wenn nicht genug Gold da ist?

Wieso kann man nicht eine Inflation von 0 anstreben mit dem Papiergeld ? Ich denke, das ist möglich.

Anonym hat gesagt…

@ ck

mit dem ad hominem Argument wollte ich witzig sein. Ist anscheinend nicht rübergekommen. Mein Fehler.

Etwas trockener ausgedrückt: Die Österreichische Schule hat bzgl. der Wissenschaft über das Geld die für mich bislang mit Abstand schlüssigsten Argumente geliefert.

Über den Goldstandard habe ich auf meiner persönlichen kleinintellektuellen Ebene in diesem Blog schon sehr viel geschrieben.
Das bekannteste und wichtigste Argument für den Goldstandard ist natürlich das von oliver genannte: Gold und Silber sind begrenzt.

Wenn Du voll einsteigen möchtest:
Ron Paul: "The Case for Gold"
Ron Paul: "Gold, Peace, and Prosperity"
Murray N. Rothbard: "What Has Government Done to Our Money? Case for the 100 Percent Gold Dollar"
Roland Baader: "Geld, Gold und Gottspieler"

Du fragst:
"Wieso kann man nicht eine Inflation von 0 anstreben mit dem Papiergeld?"

Ich antworte:
Vielleicht ist es möglich; ich streite das nicht ab. Aber bisher ist es halt noch nicht gelungen.

Und mit Gold bzw. Silber hat es eben schon sehr oft, sehr lange und sehr gut funktioniert.
Quasi "quod erat demonstrandum".

Das alleine reicht mir für meine Präferenz.

Christoph

Fabio Bossi hat gesagt…

@CK:

Deswegen "brauchen" wir nicht Gold, wir werden einfach wieder dort "hinfinden", bzw. entweder ein Crash oder ein Siechtum werden uns hinzwingen. Gold mußt Du schon verbieten, um es langfristig zu unterdrücken. Die Monopol-Fiat-Währungen sorgen schon dafür:

Derivatives, Dark Liquidity, and Increasing Systemic Risk

http://www.financialsense.com/fsu/editorials/deepcaster/2008/0229.html

Fabio Bossi hat gesagt…

PS:

Die ganze Welt ist doch eh schon voller "Schwundgelt". "Derivaten". "Ableitungen". "Dokumenten", wie Du es nennst.
Es geht eben sozusagen um die Ehe, nicht den Trauschein. Die beschließt Du und nicht der Staat. Zumindest in Freiheit.

Anonym hat gesagt…

Ich will kein Gold verbieten, wieso sollte ich ? ;-)

"Es geht eben sozusagen um die Ehe, nicht den Trauschein."

Richtig ! Ach ja, Fabio, danke für die Diskussionsmöglichkeit hier. Habe auch extra noch folgendes online gestellt (basiert auch auf paxx.tv):

http://www.cko.lu/FreigeldFAQ.html

georgi hat gesagt…

Meine Meinung steht in meinem Blog: Nr. 1, Nr. 2 und Nr.3.

 
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