Nachdem wir (die Autoren dieses Blogs) immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert werden, rassistisch und/oder antisemitisch und/oder homophob (wenn was fehlt, bitte in den Kommentaren ergänzen) zu sein oder es zumindest an der "notwendigen" Sensibilität mangeln zu lassen, möchte ich ´mal ein Beispiel dafür bringen, wo für mich die Grenze überschritten wurde, wo für mich jemand, den ich nicht persönlich kenne, sich in einer Form geäußert hat, die ich nicht unwidersprochen lassen möchte.
Die Online-Publikation "Blaue Narzisse" hat eine Rezension von Robert Grözingers "Wer ist Ron Paul - der Kandidat des Internets" publiziert. Grözinger, ein Libertärer mit konservativ-bürgerlichen Tendenzen - und hier bitte ich die Schwammigkeit der Labels zu entschuldigen, aber manche Libertäre brauchen sowas - interpretiert in seinem Buch die "Ron Paul Revolution" als eine bürgerliche Gegenbewegung, was sie zweifellos ist, denn der Begriff "bürgerlich" ist in dem Fall nichtssagend genug, um nicht reflexartig widersprechen zu müssen. Seine Interpretation ist zudem offen genug, um nicht ausschließend zu sein, auch wenn Grötzinger seine konservative Perspektive durchaus scharf konturiert. Sie stößt in meinen Augen niemanden von sich, sondern lädt ein. So wie Grözinger es versteht, kann in meinen Augen jeder ein bißchen "konservativ" sein.
Anders Andreas Lehmann, der Rezensent der "Blauen Narzisse", einer Publikation, über die ich so gut wie nichts weiß, außer daß sie wohl für Leser gedacht ist, die sich selbst als "rechtskonservativ" bezeichnen würden, was mir z.B. so nicht in den Sinn käme (in etwa so wenig wie "linksextrem").
„Ich bin überzeugt, dass das jährliche Baseballspiel der Republikaner und der Demokraten als eine der produktivsten Veranstaltungen betrachtet werden muss, an denen sich die Mitglieder des Kongresses beteiligen“
"Eine bessere und gleichzeitig humorvollere Einleitung in die Gedankenwelt der Libertarians und ihres politischen Führers Ron Paul könnte es nicht geben."
beginnt Lehmann seinen Versuch, Ron Paul seinen Lesern vorzustellen, indem er den Republikaner zitiert. Hier könnte wer unbedingt will, bereits beim Begriff "politischer Führer" aufhorchen, da die Ron Paul Revolution dadurch gekennzeichnet ist, daß ihrem "Führer" und seinen "Geführten" das charakteristisch starr-hierarchische Verhältnis abgeht. Aber "Führer" sind allen Unkenrufen zum Trotz ja nicht unbedingt Ver-führer oder Demagogen und die Paulites sind zweifellos dankbar für ihr Vorbild.
Lehmann fährt fort:
"So artikuliert sich nicht nur ein radikales Eintreten für die Freiheit im Allgemeinen und den freien Markt im Besonderen, sondern auch eine tiefe Verachtung des großen Spiels der Politik, der Infantilität, mit der die westliche Welt regiert wird, und des Versorgungsstaates, der Schmarotzer begünstigt."
Alles ok, bis auf den letzten Satz. Es ist zwar nicht zu leugnen, daß der Versorgungsstaat AUCH Schmarotzer begünstigt, aber es gäbe genug andere Kritikpunkte, die man anführen könnte. Meine Meinung: unnötig, aber nicht verdammenswert. Aber, liebe Jünger der Political Correctness, meine Antennen funktionieren, gell?
Weiter geht`s:
"Die Situation der USA ist mittlerweile nicht nur dramatisch, sie ist hausgemacht. So wie jedes andere große Reich scheint auch Amerika zunehmend „fetter“ zu werden. Die USA verfetten geistig und körperlich, da sie die vitalen Probleme des eigenen Landes und der Kultur nicht mehr lösen wollen und nicht einmal mehr wahrnehmen."
Stimmt. Man könnte nur bereits diskutieren, was genau die originäre Kultur der USA sein soll.
Muß man aber nicht. So wie Ron Paul sie verkörpert, sind "uramerikanische Werte", wie ich sie auch durch ihn und seine Bewegung kennengelernt habe, jedenfalls nichts, was ich bekämpfen würde, ganz im Gegenteil.
Es folgt die Zwischenüberschrift:
"Dekadenz und der fehlende Wille, als Volk weiterleben zu wollen"
Hoppla. "Der fehlende Wille als Volk weiterleben zu wollen"? Eine für im bundesrepublikanischen Mikrokosmos akklimatisierte Augen und Ohren anrüchig klingende Formulierung. Aus anderer, nämlich libertärer Sicht, fragwürdig, da ein unsympathischer Kollektivismus mitschwingt. Nichts gegen freiwillige Kollektive, aber "Volk" kennt kein Sezessionsrecht (ich bin auch in Panama noch "Deutscher" und die armen Amerikaner sind sogar weltweit steuerplichtig) und aus individualistischer Sicht möchte ich nicht un-bedingt im Namen eines "Volkes" vereinnahmt werden.
"Es ist damit natürlich eine Situation beschrieben, die in weiten Bereichen auch auf Deutschland zutrifft. Dramatische Staatsverschuldung, Entwertung der Währung, Parteienherrschaft, Lobbyismus und die Unfähigkeit ausländische Konflikte mit der nötigen Härte und Opferbereitschaft zu lösen, sind ein klares Indiz für Dekadenz, für den Unwillen eines Volkes das eigene Überleben zu sichern und sich den Emporkömmlingen aus anderen Kulturen entgegen zu stellen."
Erster Teil, volle Zustimmung. Aber welche "ausländischen Konflikte" sollen "wir Deutsche" denn mit der "nötigen Härte und Opferbereitschaft lösen"? Ich möchte schon ganz genau wissen, für wen oder für was ich mich opfern soll und im Ausland vermute ich aktuell keine Konflikte, die die Härte meiner Opferbereitschaft erfordern würden. Im Gegenteil.
Natürlich kann auch "ein Volk" ebensowenig einen Willen wie einen Unwillen zum Überleben haben, aber vielleicht meint der Autor die Unlust derjenigen, die sich selbst dem Kollektiv "die Deutschen" zurechnen, eben die Attribute fortleben zu lassen, die sie für sich als exklusiv kennzeichnend ansehen. Die deutsche Sprache vielleicht, um die es auch in meinen Augen schade wäre? Oder überhaupt Leute, die sich als "Deutsche" verstehen? Hm. Würde mir auch irgendwie fehlen, so alles in allem. Vielleicht wissen Leser der "Blauen Narzisse" genauer, was "uns Deutsche" ausmacht. Aber, zweifellos, eine Formulierung die wachsam macht und ich will ja brav aufpassen, ob ich auch was gelernt habe, als Deutscher der ich bin (mir konnte leider noch niemand abschließend beantworten, ob meine italienischen Wurzeln mich irgendwie in meiner besonderen Verwantwortung als Deutscher entlasten oder ob eine Achsenmacht nicht zählt).
Einen unschönen Denkfehler offenbart Lehman allerdings in seiner Bemerkung über die "Emporkömmlinge aus anderen Kulturen". Erstens gefällt mir nicht der abfällige Ton, als seien Angehörige "anderer Kulturen" per se "Emporkömlinge" die sich zu den Höhen derer aufschwingen, die als "Deutsche" per se schon "oben" seien. Zweitens ist es ganz gewiß keine Lösung für "die Deutschen", wenn sie sich irgendwelchen "anderen Kulturen" entgegenstellen, weil diese "anderen Kulturen" weder Ursache für noch Schuld an Staatsverschuldung, Währung und bundesdeutschen Parteienmisere sind. Ich benötige jedenfalls keine anonymen ausländischen Sündenböcke, ich benenne in meinen Augen Schuldige lieber individuell und die betonte Zugehörigkeit der Feinde der Freiheit zu irgendwelchen Kollektiven ist in der Regel eher symptomatisch als ursächlich für ihre Freiheitsfeindlichkeit (mir ist ein deutscher Nazi-Prolet nicht lieber als ein jüdisch-homosexueller Libertärer - ganz im Gegenteil). Es ist ferner eine Verkennung der Multikulturalität der USA, wenn die Ron Paul Revolution in so einen monokulturalen Kontext gestellt wird. "We are the people" ist nicht ethnisch-ausgrenzend gemeint, auch wenn die deutsche Übersetzung so klingen mag. Die amerikanischen "Paulites", die ich kennengelernt habe, bestätigen diese meine Sicht mit ihrer Freude über außeramerikanische Unterstützer und der heterogenen Buntheit der Mitglieder dieser Bewegung.
Es folgen einige Passagen, gegen die ich nichts einzuwenden habe.
Versöhnlich aus libertärer Sicht ist auch der Abschluß:
"Das Buch ist besonders Jugendlichen und an der Idee der Freiheit interessierten Menschen zu empfehlen. Neben der Beschreibung der Kampagne kommt auch die liberale Theorie nicht zu kurz. Leicht lesbare Einführungen in das Wesen der Freiheit und des freien Marktes, des Geldes und deren Unvereinbarkeit mit Interventionismus und Sozialismus wechseln sich ab mit interessanten Anekdoten aus Pauls Vorgeschichte und den Ereignissen im Laufe des Wahlkampfes. Ein unbedingter Kauftip also für alle, die sich mit dem Phänomen Ron Paul näher beschäftigen möchten oder Freunde für die absolute Freiheit begeistern wollen.
Nieder mit den sozialistischen Ausbeutern jeglicher Couleur, nieder mit all den Möchtegern-Intellektuellen und Staatsvergötzern, die unsere westliche Kultur so lange haben bluten lassen. Die Freiheit sei’s Panier!"
Freiheit kennt zwar keine Grenzen, weswegen ich mir den Hinweis auf die "westliche" Kultur gespart hätte und wen der Herr Lehmann als "Möchtegern-Intellektuelle" identifiziert, kann ich so nicht beantworten, aber sei`s ´drum. Mit seinem Angriff auf Staatsvergötzer dürfte er sich in "rechtskonservativen" Kreisen gar der Netzbeschmutzung schuldig machen und das ist ja schon wieder mutig.
So, habe ich jetzt die rechtskonservative Bestie zu pfleglich behandelt? Wehre ich nicht der Anfänge? Erkenne ich nicht den Wolf im Schafspelz? Bin ich gar ein Apologet eliminatorisch-rassistischer Tendenzen? Ich zweifle wirklich schwer an mir und vielleicht überzeugt mich ein anonymer Kommentator, daß ich vor dem rechten Belzebub entschieden auspucken sollte.
Für Toleranz und Mitmenschlichkeit, versteht sich.
Mittwoch, 28. Mai 2008
Blaue Narzisse vergreift sich im Ton
Eingestellt von Fabio Bossi um 19:20
Labels: Blaue Narzisse, Robert Grözinger
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11 Kommentare:
Ich würde sehr gerne wissen ob bald das neue Buch von Ron Paul auf Deutsch erscheint. Hat jemand dazu Informationen?
Für meinen Geschmack zu pfleglich, ja - aber immerhin ;-)
Was mir einmal mehr zu denken gibt: Wie kommt ein Mensch wie dieser Autor, der so viel Verachtung für seine Mitmenschen ausdünstet - Schmarotzer, Emporkömmlinge und Fremdländische - nur auf die Idee, dass Libertarismus das Richtige für ihn sein könnte? Der "Selbstbehauptungswille des Volkes" im Sinne Lehmanns und der Libertarismus verhalten sich wie Feuer und Wasser.
Wie sehr wurde in Deutschland der Libertarismus vergewaltigt, dass jemand wie Lehmann offenbar schon Sympathien für ihn empfindet?
Das ist genau die Art von Hass-Libertarismus, den wir drüben bei uns kritisieren. So wie Libertarismus von Hoppe und eifrei hierzulande inzwischen verkauft wird, ist er etwas für Menschen, die Verachtung für ihre Mitmenschen empfinden und ihnen mit dem Libertarismus irgendwie eins auswischen wollen.
Wie ein Kommentator bei uns schrieb: "ihr solltet euch mal damit abfinden, dass Individualisten in einer sozialistischen Welt wie der unseren sehr viel wahrscheinlicher zu Menschenhassern werden."
Nö, damit finde ich mich nicht ab. Und auf die Zustimmung von Figuren wie Lehmann ist auf gut Deutsch Gesch*** Wenn Libertarismus der Weg ist für die Lehmänner dieser Welt, das deutsche Volk gegenüber den Schmarotzern und fremdländischen Emporkömmlingen zu behaupten, dann kann der "Libertarismus"-Zug mal schön ohne mich weiterfahren.
Na ja, man sollte bedenken, daß die "Blaue Narzisse" aus einer Schülerzeitung entstanden ist. Dafür ist der Umgang mit der deutschen Sprache doch eigentlich recht gut, bei Spiegel Online z.B. ist man häufig weniger sorgfältig.
Die meisten von Herrn Bossi angemerkten Formulierungen wären mir auch gar nicht aufgefallen. Allerdings möchte ich doch mal anmerken, daß ich den von einigen als Ziel angesehen Radikalindividualismus für nicht tragfähig halte. Ich habe Hoppes Buch (Demokratie) teilweise gelesen (so etwa die Hälfte) und mir kamen die Gedanken zum Ist-Zustand (überall Staat), wie auch zum Soll-Zustand (überhaupt kein Staat) reichlich naiv vor. Ich würde mich sehr wundern, wenn eine menschliche Gesellschaft komplett ohne Staat auch nur begrenzt verteidigungsfähig gegen äußere Feinde (bspw. einen militaristischen Staat) wäre.
Außerdem will sich der Mensch immer irgendwelchen größeren Gruppen zugehörig fühlen. Früher waren dies beispielsweise die religiöse Gruppe oder die Großfamilie. Heute eben die Nationalität. Wenn man sich häufig im Ausland aufhält, merkt man wie wichtig einem plötzlich die eigene Nation wird. Man kennt niemanden, spricht die Sprache nicht, die Leute sind komisch usw. Und eine Sprache so zu lernen, daß man von einem Muttersprachler nicht zuallererst in seiner Eigenschaft als Ausländer wahrgenommen wird ist in den meisten Fällen sehr schwierig. So zu tun, als wäre die eigene Nation eine genuin kollektivistische Idee ist einfach, solange man sich in ihrem Schutz befindet. Wenn man dann allerdings beispielweise an einem Bahnhof in der chinesischen Provinz steht und Fahrkarten kaufen möchte (Fahrpläne und Fahrkartenverkauf nur auf Chinesisch), denkt man auch schnell mal anders.
Der Wille zur Gemeinschaft ist stärker als der Wille zum Individualismus, wenn dies auch manchmal unerklärlich ist: warum freue ich mich darüber, wenn Werder Bremen gewinnt? Was hat das mit mir zu tun? Warum fühle ich mich im Werderfanblock zwischen mehreren volltrunkenen Idioten absolut sicher, während ich in einer intellektuellen Runde aus Bayernfans das Gefühl bekäme, mich in feindlicher Umgebung aufzuhalten?
Aber wie man es auch dreht: wenn man schon auf potentielle Mitstreiter sch****, nur weil sie einige Worte benutzen die einem nicht gefallen, oder das deutsche Volk als schützenswert ansehen, eben einfach weil es das ihre ist, dann wird eine eventuelle libertäre Partei wohl nie über 0,5% bei den Kommunalwahlen hinauskommen. Es ist nicht klug, Menschen die ähnlich (aber nicht exakt genau so) denken wie man selber immer gleich als Kollektivisten, Faschisten, Kommunisten, Kapitalisten, Ungläubige oder was auch immer zu entlarven.
Ich vermute aber, daß Mitbürger wie Herrn Bossi anders über Nationalität denken als ich, wobei ich einfach mal davon ausgehe, daß Sie Deutsch und Italienisch gleichermaßen beherrschen und daher gewissermaßen "Mitglied" von zwei Kulturen sind. Für die meisten Menschen ist dies aber nur sehr schwer zu erreichen, da ihnen eben schon die Sprache im Weg steht, und deswegen ihre einzige "Volksgemeinschaft" besonders wichtig für sie ist.
Ron Paul will nicht einen Staat komplett ohne Regierung, er will nur eine Regierung die so wenig Einfluss hat wie möglich. Das heisst Justiz, Verteidigung und Ausbau der Infrastruktur etc. möchte er beibehalten, aber viele andere unnötige Abteilungen und Institutionen streichen. Im genauen das Ministerium für Bildung, Energie, Handel, Gesundheit, Heimatschutz, Katastrophenschutz, Zugverkehr und Bundessteuerbehörde. Die CIA will er stark einschränken.
http://en.wikipedia.org/wiki/Political_positions_of_Ron_Paul#Lower_taxes_and_smaller_government
Ich bin übrigens auch der Meinung, dass jeder der die Botschaft unterstützt willkommen ist, egal aus welcher Richtung, wie auch schon Ron Paul gesagt hat als er Spenden von in den Massenmedien umstrittenen Personen erhalten hat.
Der Blog Beitrag war mir viel zu lang und unübersichtlich (die anderen sind aber natürlich klasse), hab ihn nur kurz überflogen. Vielleicht könnte die Kritik ja nochmal kurz und übersichtlich zusammengefasst werden? Auf dem ersten Blick finde ich die Rezension doch eher positiv?
@Anonym:
Zum neuen Buch auf deutsch weiß ich leider nix.
@John Haase:
Ich finde nicht, daß ich auf Herrn Lehmann "sch***". Ich habe nur zum Ausdruck gebracht, wo ich nicht mit ihm einverstanden bin und wo er meiner Meinung nach Ron Paul in einen falschen Kontext rückt. Ich denke, ich habe auch klargemacht, daß ich nix dagegen habe, wenn jemand "das deutsche Volk" schützen will - nur eben nicht auf Kosten Fremder und ich möchte mich als Deutscher auch dem "Schutz" entziehen dürfen, wenn ich möchte, da ich das Ansinnen an sich nicht nachvollziehen kann (wer ist "das deutsche Volk"?).
Ansonsten teile ich Ihre Ansichten in weiten Teilen, in ebenso weiten Teilen wiederum nicht. Das ist ja das schöne an der Freiheit. Solange wir uns gegenseitig nix aufzwingen, können wir friedlich nebeneinander herleben.
Bzgl. des Kollektivismus und des Staates: wenn wir bloß den Willen hätten, u.a. Generationen von Politologen nicht mit redundanter Staatsapologetik zu beschäftigen, hätten wir sicherlich schon große Fortschritte in Richtung "Vorstellbarkeit" von größeren individuellen Freiheitsgraden und freiwilliger Kooperation erreicht.
Last but not least:
Da ich meine Kindheit auch noch in Frankreich verbracht habe, hatte ich schon immer Schwierigkeiten mit diesen ganzen starren Konzepten. Ich bin es schlicht nicht gewöhnt, nach solchen Schablonen zu urteilen. Mir ist sogar ein kluger Werderaner lieber als ein tumber Bayern-Fan (wenn auch nicht beim gemeinsamen Fußballguckn, einem Ausflug in drollige kollektivistische Anachronismen, den ich auch gerne mal genieße).
PS:
Ich habe übrigens auch rein garnix gegen den Stil, nur an manchen Stellen gegen Ton und Inhalt. Wäre interessant, was Herr Lehmann dazu sagt.
@CH:
Ich mache Fortschritte? Puh... ;-)
Ich sehe halt lieber das Positive. Wenn ein "Rechtskonservativer" sich für die Ron Paul Revolution begeistert, ist er doch zumindest auf dem Weg der Besserung, oder?
Weißt Du, beim allerersten durchlesen des Textes, habe ich mich deutlich mehr aufgeregt. Bei näherer Betrachtung ist mir dann auch das überwiegend positive aufgefallen, anstatt mich nur auf die blöden Aussagen zu stürzen. Die paar schiefen Formulierungen reichen für mich einfach nicht für eine Verdamnis, die ihn sowieso nur bestätigen würde (die Sozis haben unseren Schneid untergraben und solche Gedankengänge).
Ich denke nicht, daß wir der Idee der Freiheit dienen, wenn wir uns immer nur auf die Unterschiede fokussieren.
Schmarotzer mag ich übrigens auch nicht, aber er sagt ja nirgends, daß "alle Armen" Schmarotzer seien oder sowas. Man kann es nur in dubio contra reo so auffassen. Im übrigen könnte man das auch für ihn auslegen, weil damit mit Sicherheit auch deutsche Schmarotzer gemeint sind.
Dein Umfang mit den RP-Newslettern ist für mich ein schönes Beispiel. Du kippst deswegen Jahrzehnte ehrlichen Einsatzes für die Freiheit in den Gulli und gewichtest die Beweise und Indizien, die GEGEN rassistische Tendenzen bei Ron Paul sprechen kaum oder überhaupt nicht. Diese Unerbittlichkeit mag ich nicht und ich kann auch nicht verstehen, wie Du wiederum so duldsam gegenüber einigen Deiner Kumpanen sein kannst (DDH und Laura), bloß weil die diejenigen beleidigen und verleumden, die es in deinen Augen "verdient" haben.
@ Fabio Bossi
Nein, Sie haben nicht auf, die Meinung des Herrn Lehmann gesch****, der Herr Hoffmann allerdings schon, deshalb richtet sich meine Kritik auch an ihn.
Ein ganzes Volk genau zu definieren ist naturgemäß schwierig. Grundsätzlich würde ich sagen: jeder, der sich als Deutscher fühlt, ist Teil des Deutschen Volkes wobei staatliche Handlungen sich natürlich nur am Paß orientieren können, da man ja nicht in die Köpfe der Menschen schauen kann (obwohl der Staat dies trotzdem immer wieder versucht - Einbürgerungstest).
Ich bin überdies der Meinung, daß ein Volk (nicht Staat!) darauf bedacht sein muß, seine Kultur zu verbessern und zu verbreiten (ich bitte im Voraus darum, "Kultur" hier nicht mit "Lebensraum" zu verwechseln, der Satz lädt zugegebenermaßen dazu ein). Dies kann z.B. geschehen, indem man im Ausland Goetheinstitute erbaut, mit ausländischen Staaten Kulturabkommen schließt, Ausländer in Deutschland studieren läßt, Katastrophenhilfe leistet oder durch eine freiheitliche Ordnung ein leuchtendes Beispiel bietet.
Allerdings stimme ich völlig zu, daß man sich dem entziehen können sollte, wenn man dies wünscht. Es wäre nicht sehr fair, einen Moslem in Deutschland für die Missionierung seiner Glaubensbrüder in Nigeria bezahlen zu lassen. Gerade was Kulturverbreitung angeht ließe sich sowieso viel oder gar alles durch privates Engagement bezahlen. Ich beispielsweise war seit Jahren nicht mehr in den Alpen, bin aber seit etwa sechs Jahren im Alpenverein. Austreten werde ich wohl nie, weil ich den Zweck des Alpenvereines gutheiße und die paar Euro Jahresbeitrag mich nicht stören. So könnte man vermutlich auch Goetheinstitute oder Stipendien für Ausländer finanzieren. Die Masse macht's eben.
Mein Wunsch ist es den Staat zurückzudrängen, damit das deutsche Volk wieder Luft zum Atmen bekommt, und gesellschaftliche Strukturen wieder wachsen können. Mehr Freiheit und weniger Steuern soll natürlich genauso für Ausländer gelten, sowie für Deutsche, die mit dem Konzept der Nation als Schicksalsgemeinschaft nichts anfangen können.
Ein Sezessionsrecht würde ich aber keinesfalls befürworten (außer ich bin es selbst, der sezessioniert, haha), nicht für Landesteile und schon gar nicht für Privatpersonen. Hat ja auch nie ein Staat ernsthaft getan, selbst die USA nicht.
@ Fabio
Ich denke es ist extrem wichtig, dass es davon bald eine deutsche Übersetzung davon gibt, denn das Buch ist das perfekte Mittel um andere Menschen, die Ron Paul nicht kennen von seinen politischen Positionen zu überzeugen. Ich würde wahrscheinlich gleich mehrere Ausgaben davon kaufen um sie Verwandte und Bekannte von mir zu schenken, die glauben Barack Obama würde sich von Hillary Clinton oder John McCain unterscheiden und etwas verändern.
@Fabio: Wir sehen solche Vorfälle sicher durch andere Brillen. Ich kenne die "rechte Szene" in Deutschland. Ich sehe mit Entsetzen, dass die Grenzen zwischen Junge Freiheit, Sezession, Blaue Narzisse und vermeintlich libertären Organen und Foren bis zur Unkenntlichkeit verwischen.
Naive Libertäre glauben, dass dies ein Erfolg libertärer Aufklärungsarbeit sei, dass Rechte für die Freiheit begeistert würden. Die rechte Szene ist jedoch älter und grösser als die libertäre. Leute wie Kositza, Klonovsky, hier Lehmann & Co. entdecken nicht den Wert der Freiheit, sondern die Bequemlichkeit, ihre Ressentiments mit einem freiheitlichen Mäntelchen zu kaschieren.
Für Aussenstehende ist die libertäre Szene derweil von der rechten gar nicht mehr zu unterscheiden. Darum die bei uns getroffene Aussage, dass der deutsche Libertarismus tot sei.
Ich weiss wirklich nicht, ob ich lachen oder weinen soll, wenn Leute wie Herr Haase dann von Mitstreitern und libertären Parteien faseln. Der Libertarismus ist kein Parteiprogramm! Diese Denke ist genau der Grund für meine antipolitische Position. Ein politischer Ansatz des Libertarismus ist auf Zustimmung und Mehrheiten egal woher angewiesen. Er wird sich daher verbiegen müssen - letztlich bis zur Unkenntlichkeit. Man betrachte nur die LP unter Barr.
Es ist mir völlig gleichgültig, ob Lehmann etwas positives an RP sieht oder sein Buch kaufen möchte. Mit seiner Argumentation hat er erwiesen, dass er die Freiheit nicht begreift, dass er weit davon entfernt ist, sich von kollektivistischen, politischen Impulsen zu befreien. Ich bezweifle, dass ein Mann, der das "deutsche Volk" gegen Schmarotzer verteidigen will überhaupt einen konstruktiven Beitrag zu einer freiheitlichen Gesellschaft leisten könnte.
Daher nochmal: Wenn du im Libertarismus ein aufklärerisches und nicht ein politisches Projekt erkennen würdest, würdest du auf die Zustimmung von einem Lehmann auch nichts geben. Wenn du die rechte Szene besser kennen würdest, würde dir vermutlich auch Angst und Bange um den "deutschen Libertarismus" werden.
Nun kann natürlich jeder schreiben und fordern, was er will, aber wunder dich bitte nicht, wenn ich bei dieser Party nicht mitmache und sie, im Gegenteil, deutlich kritisiere.
@Christian:
Ich staune immer wieder über Deine unerbittliche Gewissheit und Deine Apodiktik.
Ich kenne mich in der "rechten Szene" zugegebenermaßen wirklich nicht aus, aber "Ressentiments", Gehässigkeit und Intoleranz sind mir persönlich seltsamerweise bisher ausschließlich von Seiten der "LiLis" entgegengeschlagen - allerdings aus den alleredelsten Motiven, das bestreite ich ja garnicht.
Das mag daran liegen, daß ich aus Sicht der "Rechten" der nützliche Idiot bin, der drollig naiv auch noch für sie streitet. Oder daran, daß man bei Dir ganz schön flux "rechts" ist und dort auch bleibt, da Du ja keinen Zweifel an Deinem Urteil erlaubst, bzw. ein solcher Zweifel ein weiterer Beweis für Verklärtheit darstellt (mal ganz abgesehen davon, ob "rechts" nun immer böse sein muß).
Ich habe zB keine Probleme mit der JF, außer, daß ich sie recht langweilig finde und die Werbe-Anzeigen z.T. geschmacklos. Und zu etatistisch sind die mir natürlich auch, aber vergleichsweise milde, wenn ich mir zB die SZ so ansehe.
Hast Du mal den franz. Figaro gelesen? Da ist die JF doch beinahe zahm dagegen. Sezession habe ich nie gelesen und Kositza kenne ich nur aus der ef. Auch deren Kommentare haben bei mir noch keinen Alarm ausgelöst.
Ich bin ja grundsätzlich dankbar für Anregungen, weil Du oder Matt oder DDH mehr praktische Szeneerfahrung habt (nehme ich an), während ich sehr lange nur gelesen habe und die Differenzen nie so ernst genommen habe (zB Hoppe versus die Guten). Es macht mich nur nicht unbedingt aufnahmefähiger, wenn ihr immer gleich diese schrillen Töne anschlagt und mit "Kauf nicht bei Juden"-Vergleichen daherkommt. Und André Lichtschlag braucht zB keine Nachhilfe in Sachen Totalitarismus-Gefahr und ihn in die Nähe von Mördern zu stellen ist einfach unanständig, auch und gerade im Sinne von Longs Artikel.
Mich erinnert das an eine Anekdote aus meiner Kindheit. Ich hatte mal als kleiner Junge ein Bild von einer Luftschlacht gemalt (inspiriert durch eine amerikanische Serie im damals schon privaten franz. Fernsehen, weil ich ja in Frankreich als "petit boche" aufgewachsen bin) und die "deutschen" Flugzeuge unvorsichtigerweise mit einem Hakenkreuz gekennzeichnet. Meine Mutter hat brav PC mir sowas von den Kopf gewaschen und mir gleich einen ganzen Stapel Bücher gekauft ("Damals war es Friedrich", "Anne Frank" etc.). Hat ja auch nicht geschadet, nur war ich sicher auch damals schon kein Nazi und es hätte auch pädagogisch wertvoller laufen können. Meine Frage, ob ich nicht Schweizer werden dürfe, weil ich kein Deutscher mehr sein wollte, wurde jedenfalls ablehnend beschieden. Ich war dann auch lange genauso "dressiert" wie Du, genauso intolerant und bestimmt in meinem Urteil, genauso sicher, für Anstand und Humanismus zu kämpfen und verbale Verletzungen waren gerechtfertigt oder Kollateralschäden meines antifaschistischen Kreuzzuges. Und ich habe immernoch die Antennen, ob Du mir das glaubst oder nicht. Ich habe nur gelernt, daß diese antrainierten Beißreflexe allzu oft die falschen getroffen haben und das die Welt nicht so schwarz-weiß ist, wie ich immer dachte.
Ich kann auch in den Äußerungen von Herrn Haase nix schlimmes finden. Bei Herrn Lehmann schon, aber da ist Hopfen und Malz sicher nicht verloren. Vielleicht ist es der nächste Dominik-Saulus-Paulus?
So schwer ist das doch alles nicht. Ihr seid in Eurem alarmistischen Pessimismus echt "typisch Deutsch".
PS:
Bist Du viell. auch Ex-Rechter, so wie DDH? Vielleicht habe ich als Ex-Linker echt einen bias, weil ich es als sehr wohltuend empfunden habe zu entdecken, daß die ganze Nazi-Monster, die ich vermutet habe, garnicht so finster sind, wenn man vernünftig und aufgeschlossen mit ihnen redet.
@Christian
PS: Strategisch bin ich ja prinzipiell grob Deiner Meinung, aber man muß ja nicht gleich so rechthaberisch sein.
Ich würde z.B. nicht den Untergang des Abendlandes verkünden, wenn ein Carlos Gebauer FPD-Chef werden würde und halbwegs konsequent bliebe.
Die Ron Paul Revolution aus libertärer Sicht Scheiße zu finden, grenzt für mich in diesen Zeiten an Masochismus. Worüber soll ich mich den sonst freuen?
@Fabio: Ich habe den Eindruck, dass du meinen Worten immer wieder Bedeutungen zuschreibst, die sie so nicht tragen. Ich betrachte weiss Gott nicht jeden Rechten als Nazi. Und natürlich können auch Menschen mit rechter Gesinnung den Weg zur Freiheit finden - wie jeder andere auch.
Mein Differenzierungsvermögen ist also durchaus ausgeprägter, als du mir das zuzutauen scheinst.
Die Leute von JF, Sezession & Co. sind in aller Regel wohl keine Neonazis (so gut kenne ich das Volk persönlich zum Glück nicht mehr). Autoritätsgläubig sind sie traditionell sehr wohl. Und das gepaart mit einer ordentlichen Portion Abneigung gegen alle möglichen Gruppen und Personen.
Es gab tatsächlich mal eine Zeit, als ich noch in der FDP und mit dieser sehr unzufrieden war, als ich diese Publikationen gelesen und auch den einen oder anderen "Szene-Vertreter" kennen gelernt habe. Was mir dabei immer wieder auffiel, war das Ausmass an Missgunst, ja Hass, das diese Leute ausstrahlen, das sie antreibt. (Und nicht erst, wenn sie ein paar Gläser Bier getrunken haben, dann aber erst recht.)
Aufgrund dieser Erfahrungen bin ich der Überzeugung, dass 1. die Rechte kein geeigneter "Bündnispartner" für eine positive, aufklärerische Bewegung wie die libertäre ist. Und dass 2. die Hoppe-Idee, dass man die Menschen am besten nach ihren Vorurteilen sortiert und in Communities einteilt, die sich dann gegenseitig anhassen, nie zu einer freiheitlichen Gesellschaft führen kann.
Der Abscheu, der aus Lehmanns Worten trieft, ist so typisch für die Rechte. Vielleicht ist das für deinen Geschmack ja schon zu "Molyneux-isch", aber ich bin eben der Überzeugung, dass Freiheit ein individuelles Projekt ist. Menschen werden Freiheit nur zustimmen, wenn sie aus sich heraus die Vorteile der Freiheit erkennen, wenn sie sich für diese begeistern.
Diesen Ansatz erkennt man ja unter den Paulites tatsächlich, wenn Menschen aller Arten, Sorten, Grössen und Farben gemeinsam ihre Freiheit einfordern. Die Grassroots sind ja glücklicherweise nie auf den paläolibertären Irrweg gestolpert (das zeigt schon die Demographie der RP-Wähler).
Aber Leute wie Kositza, Klonovsky, Lehmann (und leider auch André als Rosenbaum) hetzen primär gegen Menschen, die sie verabscheuen. Hier wird nicht das positive Ziel Freiheit verfolgt, sondern das negative, anderen zu schaden, sie zu verletzen. Daher auch der grimmige Genuss am Anrennen gegen die PC.
Viele (sofern es je "viele" waren) der ersten/"frühen" Libertären haben dies erkannt und sich aus dem libertären Mainstream längst zurückgezogen (z.B. die Freiheitsfabrikanten). Auch für mich sind Organe wie ef oder das Freiheitsforum inzwischen kaum oder gar nicht mehr erträglich.
Lange Rede kurzer Sinn: Die "Blaue Narzisse" hat sich m.E. eben nicht im "Ton vergriffen". Was Lehmann schreibt ist sehr typisch für das Libertarismus-Verständnis, das z.Zt. in Deutschland grassiert. Was dabei vor die Hunde geht, ist nicht der "Ton", sondern die Substanz des Libertarismus.
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