Prof. Dr. Schachtschneider hat vorgestern - unmittelbar nach der Zustimmung des Bundesrats - im Auftrag von Dr. Peter Gauweiler verfassungsgerichtliche Rechtsbehelfe gegen das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon eingelegt.
Die Klage rügt die Beeinträchtigung fundamentaler Verfassungsprinzipien.
Die wesentliche Kritik an dem Vertrag von Lissabon ist die folgende (von mir teilweise verkürzt):
a) Der Sache nach begründet der Vertrag faktisch einen Bundesstaat, obwohl es der Europäischen Union an einem „Unionsvolk“ mit originärer Hoheit fehlt. Ein solcher Integrationsschritt, den der Vertrag macht, setzte Referenden der europäischen Völker voraus, die aber nicht vorliegen.
b) Die Zuständigkeiten, Aufgaben und Befugnisse der EU sind (auch schon jetzt) übermäßig weit, zumal diese von der Judikatur des Gerichtshofs der Union extensiv gehandhabt werden. Die Politik der EU wird immer weniger von den nationalen Parlamenten vorausgesehen und verantwortet, obwohl das Bundesverfassungsgericht dies im Maastricht-Urteil von 1993 um der demokratischen Legitimation willen ausdrücklich gefordert hat.
c) Die Mitgliedstaaten büßen mit dem Lissabon-Vertrag die Wirtschaftshoheit weitestgehend ein. Die EU übernimmt zunehmend die Justiz- und Polizeipolitik, also die Verantwortung für die innere Sicherheit der Mitgliedstaaten. Darüber hinaus wird die Verantwortung für die äußere Sicherheit und entsprechende Militäreinsätze erweitert.
d) Das höchste Gericht wird mehr und mehr der Gerichtshof der Europäischen Union, obwohl dieser für seine Rechtsprechungsmacht nicht demokratisch legitimiert ist. Er betätigt sich als Motor der Integration.
e) Die finanzpolitische Generalklausel ermöglicht es der Union, europäische Steuern zu erheben oder weitere Kategorien der Eigenmittel einzu führen, ohne daß die nationalen Parlamente dem zustimmen müßten.
f) Im vereinfachten Änderungsverfahren ist der Europäische Rat ermächtigt, den Kern der Verfassung, nämlich alle Regelungen des Dritten Teils des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der den Binnenmarkt, die Wirtschafts- und Währungsunion, den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und viele andere Politikbereiche umfaßt, ganz oder zum Teil zu ändern, ohne daß der Bundestag und der Bundesrat oder gar die Völker dem zustimmen müßten. Auch das Europäische Parlament und die Kommission sind nur anzuhören.
g) Auch die Flexibilitätsklausel ermächtigt die Union, sich neue Befugnisse zu geben, wenn das erforderlich erscheint, um die grenzenlos weiten Ziele der Union zu verwirklichen.
h) Der Vertrag verstärkt das demokratische Defizit der EU-Politik, zumal das „Europäischen Parlament“ nicht nach dem Grundsatz der Gleichheit aller Stimmen gewählt wird.
Hier die Klage im Original
Viel Erfolg Herr Gauweiler + Vielen Dank!
Christoph
von Bavaria-for-Ron-Paul
Sonntag, 25. Mai 2008
Peter Gauweiler klagt gegen das EUdSSR-Ermächtigungsgesetz
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2 Kommentare:
Danke für den Link zu dem Schriftsatz. (Nichts was man sich eben mal durchliest mit 349 Seiten).
Ich bin zwar auch etwas desillusioniert betreffend das Bundesverfassungsgericht
http://bavaria-for-ron-paul.blogspot.com/2008/05/solange-wir-nicht-erdrosselt-werden.html
denke, aber daß der Vertrag hier echt auf eine Klippe zuläuft.
Insbesondere dieses vereinfachte Änderungsverfahren ist eine Kröte, die das Verfassungsgericht eigentlich nicht schlucken dürfte.
Danke an Peter Gauweiler, daß er von seinen verfassungsrechtlichen Rechten nicht nur als Bürger, sondern auch als Bundestagsabgeordneter Gebrauch macht!
In Abwandlung eines Slogans von Michael Nystrom könnte man sagen:
"Peter Gauweiler ist nicht mein Abgeordneter, aber er repräsentiert mich vor dem Bundesverfassungsgericht"
Bitte nächstes mal den Vertrag selber durchlesen und nicht einfach den Müll von anderen abschreiben:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:C:2008:115:0013:0045:DE:PDF
Vereinfachte Änderungsverfahren
(6) (...)Dieser Beschluss
tritt erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen
Vorschriften in Kraft.
D.h. auch im vereinfachten Änderungsverfahren müssen Änderungen von ALLEN NATIONALSTAATEN ratifiziert werden. Lediglich die Ausarbeitung der Beschlüsse wird vereinfacht, nicht deren Ratifizierung.
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