Mittwoch, 14. Mai 2008

Václav Klaus und die Freiheit

In unserer Fokussiertheit auf Ron Paul neigen wir vielleicht dazu, die wenigen anderen freiheitlichen Politiker zu übersehen. Leider.

Immerhin: Der deutsche Ron Paul, Ludwig Erhard, ist in diesem Blog schon mal gewürdigt worden.

Für mein Engagement für den Schweizer Christoph Blocher wurde ich von der bundesdeutschen PC-Gutmenschen-Fraktion regelrecht niedergemacht.

Bisher noch nicht zu Bavaria-for-Ron-Paul-Blog-Ehren gekommen ist der tschechische Präsident Václav Klaus.


Klaus, Intellektueller und studierter Ökonom, ist ein klassischer Liberaler und Vertreter der freien Marktwirtschaft. Er bezeichnet sich als Anhänger Friedrich August von Hayeks und ist Mitglied der Mont Pelerin Society.

Klaus ist ein erklärter Kritiker des angeblich menschenverursachten "Global Warming" und spricht sogar offen von "Öko-Terrorismus".


In seiner aktuellen Rede "Zukunft Europas" in der Bertelsmann Stiftung in Berlin, vom 23. April 2008 sagt er (Auszüge):

Ich werde mich bemühen, über die Tendenzen, die ich in Europa sehe, nachzudenken. Und zwar aus der Position von jemandem, der in der kommunistischen Ära eine erhöhte Sensibilität in der Frage der Freiheit erworben hat. Auch deshalb halte ich die Freiheit für das Leitprinzip jener menschlichen Gesellschaft, in der man gerne leben wollte. Dies ist meine Ausgangsvoraussetzung. Es wäre ein Fehler, sie zu verschweigen.

Das Wort Freiheit wird von vielen relativ oft benutzt, die Frage ist, ob sie es ernst nehmen. Ich habe Angst, dass es heute nicht der Fall ist. In einer Zeit, wenn das Ziel alles Strebens irgendein mythisches allumfassendes Gutes ist, gibt es fast keine Nachfrage nach Freiheit.
Ich habe Angst auch davor, dass es nur wenige stört. Es könnte sein, dass man – mit dem Fall des Kommunismus und mit dem Verlust des Spiegels, den er dem Westen vorgehalten hat – das faktische Wesen unserer Zivilisation vergessen hat.

Wohin sollten wir weiter gehen? Es droht, dass wir stehen bleiben oder nur ratlos auf der Stelle treten werden. Dass wir nur vorgeben werden, noch immer vorwärts zu gehen.
Der weltbekannte tschechische Schriftsteller un
d Dramatiker Milan Kundera fragt am Ende seines Theaterstückes „Jacob der Fatalist“: „Vorwärts, aber wohin ist vorwärts?“. Das Resultat ist, dass der Held des Stückes gelähmt stehenbleibt. Ähnlich sieht das heutige Europa aus. Es möchte vorwärts gehen, was aber unmöglich ist. Um vorwärts zu gehen, müssen wir erst – auch wenn es etwas paradox erscheinen kann – rückwärts gehen. Rückwärts zu den Wurzeln, auf denen die modernen europäischen Demokratien ihre Erfolge, einschließlich ihrer Prosperität, aufgebaut haben. Und dort steht das Wort Freiheit.

Was sehe ic
h heute in Europa?

Auf der einen Seite sehe ich eine seltsame ideologische Ruhe, die nach dem Fall des Kommunismus eingekehrt ist. Europa bewegte sich trotzdem. Während die Europäer vom Ende der Geschichte geträumt haben, ist es schleichend zu einer wichtigen Verschiebung gekommen. Die Richtung der Verschiebung an der Achse Bürger-Staat und an der Achse Markt-zentralistische Regulierung und Reglementierung war ganz anders als wir in den damaligen kommunistischen Ländern in dem glücklichen Moment des Falls des Kommunismus erwartet haben. Wir wollten nä
her am Bürger und am Markt und weiter vom Staat und seiner Regulierung sein als wir heute sind. Es ist leider nicht so. Wir sind wieder von David Hume und Adam Smith zu J. J. Rousseau gegangen, obwohl wir geglaubt haben, dass es anders sein wird. Dies nicht zu merken, könnte fatal sein.

Ich sehe auch die formale Freiheit und Demokratie, die sich aber in der Realität in ein reguliertes System und in die Postdemokratie umwandeln. Die Rechtsordnung innerhalb der einzelnen Staaten stellt den Bürger gegenüber dem Staat immer mehr in eine untergeordnete Position und die wachsende Rolle von internationalen Organisationen (vor allem von der EU) vergrößert den Abstand zwischen dem Bürger und dem Politiker auf früher ungeahnte Weise.


Ich sehe auch einen starken Druck, die Einigung des Kontinents in eine supranationale Gesamthei
t herbeizuführen, was aber im Widerspruch zur historischen Erfahrung ist. Europa war in der Vergangenheit nie eine politische Entität (und ohne Zweifel muss es auch nicht eine werden). Es genügte, dass Europa „ein geistlicher und kultureller Referenzrahmen“ war. Ich sehe auch leere und unproduktive Phrasen des abstrakten Universalismus und Humanrightismus, ich sehe Pharisäertum der politischen Korrektheit, ich sehe den Verlust von Kriterien für die Beurteilung dessen, was gut und was schlecht ist, ich sehe die Leugnung jeder Autorität (unter dem Banner des Antitotalitarismus), ich sehe die Steigerung der Gewalt, des Extremismus, der Grobheit und der Vulgarität. Was wird geschehen, wenn wir diesen angetretenen Kurs weiter fortsetzen werden?

Ich befürchte, es werden keine Utopien, sondern Antiutopien realisiert.
Es wird eher eine Brave New World von Huxley, eine Welt von Zamjatin, Orwell und Denkern dieses Typs, als eine Idylle der utopistischen Sozialisten über den Sonnenstaat. Dazu kommt ein steigender Zustrom der Arbeitskräfte und Immigranten von verschiedenen fremden zivilisatorischen und kulturellen Kreisen, was die Kohärenz der Gesellschaft grundsätzlich stört, auch wenn uns die Ideologen des Multikulturalismus ganz anderes zu suggerieren versuchen.

Was wir
d mit der Demokratie geschehen, die nur auf der Ebene von Nationalstaaten fungiert, wenn diese Staaten heute in Europa unterdrückt und geschwächt werden? Wissen das die Anhänger der unlimitierten Vertiefung des europäischen Unifizierungsprozesses nicht? Freuen sie sich schon auf die quasi unpolitischen, technokratischen Entscheidungen der supranationalen Institutionen, von denen der Bürger nicht zu sehen ist? Freuen sie sich auf die von den Bürgern unkontrollierbaren gesamtkontinentalen Entscheidungen? Auch darin sehe ich ein großes Problem der heutigen Zeit und besonders unserer Zukunft.

Die einzige ungefälschte Ode an die Freude heißt
Freiheit. Und sie wird am besten von einem Chor jener gesungen, die von niemandem an den Händen geführt werden. Von
einem Chor jener, denen es ermöglicht ist, in Freiheit zu leben, zu schaffen und zu suchen.


Warum man von so einer bewegenden und aufrüttelnden Rede eines Staatsoberhaupts eines unserer Nachbarländer, gehalten in unserer Hauptstadt nichts in unseren Medien hört?

Ich habe da so eine Vermutung. Womit wir wieder bei Ron Paul wären...

Gruss an alle,
Christoph

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Gibt es eigentlich eine Möglichkeit, der Mont Pelerin Society beizutreten? Wenn ja, wie? Oder musst man dafür eingeladen werden/eine wichtige Persönlichkeit sein etc.?

Anonym hat gesagt…

Ich nehme an, dass man eingeladen wird.

So ähnlich wie Hayek selbst 1947 die erste handverlesene Gruppe eingeladen hat.

Ein Nobelpreis ist einer Einladung wahrscheinlich nicht abträglich.

Aber nix Genaues weiss ich nicht.

Anonym hat gesagt…

Danke Christoph, daß Du hier "anstößige" aber freiheitlich gesinnte Politiker porträtierst. Ich habe damals meine Vorbehalte gegen Blocher geäußert und stehe auch dazu, räume aber ein, daß die Berichterstattung in Deutschland sicherlich tendenziös ist und daß er Finger auf gesellschaftliche Wunden legt, die von den meisten Politikern ignoriert werden. Auch gegen Klaus habe ich meine Vorbehalte (wegen seiner sehr harten Haltung gegenüber den Sudetendeutschen), bin aber auch bereit, seine Positionen mir nochmal näher anzuschauen.
Ist eigentlich auch ein Porträt von Peter Gauweiler geplant? Ist ja nicht nur wegen seiner Haltung zur EU-Verfassung und zu Auslandseinsätzen interessant, sondern auch weil er gegen die Vorratsdatenspeicherung gestimmt hat. Und ihr sitzt ja nah an der Quelle.

Anonym hat gesagt…

@ Colognepaulista

Gerade freiheitliche Politiker sind anscheinend immer Menschen mit Ecken und Kanten.

Man findet immer etwas, woran man sich reiben kann:

Ludwig Erhard wusste um die Überlegenheit einer Goldwährung, hatte jedoch nicht den Mumm, diese in Deutschland einzuführen, weil er die US-Amerikaner nicht brüskieren wollte.

Bei Christoph Blocher ist es die etwas zu populistisch geratene "Schwarze Schafe müssen raus-Kampagne".

Bei Václav Klaus ist es die Verteidigung der Beneš-Dekrete.

Und Ron Paul finden einige nur wegen seines Bekenntnisses zum Second Amendment völlig inakzeptabel.

Wie gesagt, wenn man sucht, findet man immer was.
Deshalb muss man immer versuchen, das Grosse & Ganze im Blick zu behalten.
Auch wenn's manchmal schwer fällt (mir auch!).

Gruss,
Christoph

PS: Ein Portrait von Peter Gauweiler werde ich mal einplanen. Eine gute Idee!

Anonym hat gesagt…

Also ich bin enttäuscht von diesem Blog, wo hier doch die kritischen Geister (oder die, die sich dafür halten) zu Hause sind. Gerade ihr müsstet doch sehen, worum es sich bei der Mont Pelerin Society wirklich handelt! Einen elitärer Club aus geheimen Weltverschwörern, das ist ja wohl offensichtlich!

Schaut Euch mal die Linkliste an, zu wie vielen einflussreichen Organisationen vor allem US-amerikanischer Provenienz die Kontakte unterhalten. Und dann sind da auch noch Wirtschaft-Nobelpreisträger Mitglieder. Ich meine, hallo, wirklich kritische Geister würden doch nie den Nobelpreis bekommen, nur die, welche das schmutzige Spiel um die Manipulation der Börsen im Auftrag von ihr wisst schon wem befürworten und mitmachen.

 
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